Dunkelheit, flüsternde Worte, dann der Paukenschlag: Botticelli Baby verwandeln die Harmonie Bonn in einen Hexenkessel. Mit Jazz, Punk und Balkan-Swing reißen sie das Publikum von der ersten Note an mit. Ein Konzert voller Ekstase, Groove und schweißtreibender Energie. Sie spielen als Headliner am dritten Abend des Crossroads Festivals nach Philine Sonny.
Von Dylan Akalin
Die Bühne ist dunkel, nur das sanfte Perlen des E-Pianos ist zu hören. Marlon Bösherz betritt die Bühne, der mit etlichen Aufklebern versehene Kontrabass liegt zu seinen Füßen, er flüstert ein paar Sätze ins Mikrofon. Fast wie bei einer Liturgie. Dann knallen die Drums, und Saxofon, Trompete und Posaune blasen zum Angriff. Die Harmonie Bonn feiert Botticelli Baby am Freitagabend vom ersten Takt von „The Inner Hulk“ an. Und die Band reißt das Publikum mit ihrer explosiven Mischung aus Jazz, Punk und Balkan-Swing mit. Frontmann Marlon Bösherz, charismatisch und mit der Attitüde eines Straßenpoeten, fasziniert mit seinem markanten Gesang und pulsierenden Bassspiel.
Von wegen „Joy Passed By“…
„Joy Passed By“ startet wir ein pulsierender Bebop, schweißtreibende Rhythmen, fiebrige Bläsersätze und eine unbändige Spielfreude, bei der Trompeter Alexander Niermann geradezu davonjagt. Gitarrist Jörg Buttler liefert mit schneidenden Riffs und filigranen Läufen das perfekte Gegengewicht zur ekstatischen Bläserfraktion um Max Wehner (Posaune), Christian Scheer (Saxophon) und Alexander Niermann (Trompete). Pianist Lucius Nawothnig tobt sich an den Tasten aus, wechselt mühelos zwischen jazzigen Akkordfolgen und sphärischen Synthesizer-Klängen, während Drummer Tom Hellenthal das rhythmische Rückgrat mit unermüdlicher Präzision hält.
Auch „Blue Dots“ lässt keinen Zweifel daran, dass Botticelli Baby weit mehr ist als eine Band, die sich in eine Genre-Schublade stecken lässt. Die Beine von Bösherz scheinen aus Gummi, wie er über und hinter seinem Bass tanzt. Sein Gesang pendelt zwischen King Louie aus dem Dschungelbuch und Cab Calloway. Die Songs mäandern zwischen swingendem Gypsy-Jazz, rauem Blues und punkigem Drive. Besonders „We’re One“ entfaltet live eine wuchtige Energie – der Refrain wird vom Publikum inbrünstig mitgesungen. Die Nummer könnte auch direkt aus einer Chicagoer Spelunke aus der Zeit der Prohibition kommen.
„Vagabond In A Dandy Suit“
Mit „Vagabond In A Dandy Suit“ und „Blue ‚Bout Nothing“ schlägt die Band zwischendurch etwas ruhigere, aber nicht weniger intensive Töne an. Die melancholische Note dieser Stücke schwingt in der Harmonie wie eine warme Brise, bevor „Lips“ und „Omaha“ das Tempo wieder anziehen. „Storms On My Skin“ steigert sich von einer verhaltenen, bluesigen Elegie zu einem Sturm aus treibenden Rhythmen und wilder Bläserakrobatik.
„Cremate Me“ entfaltet live eine hypnotische Wucht, während „I Don’t Wanna Cry“ mit schräger Schönheit und anarchischem Charme das Publikum erneut in den Bann zieht. „Tout Abus Sera Puni“ mit seinem fiebriger Groove, treibenden Staccato-Bläsern und einem Gesang zwischen Wut und Ekstase hebt die Stimmung im Publikum noch mehr.
„Ballerspring“ setzt den Schlusspunkt – ein letztes musikalisches Feuerwerk, das in frenetischen Applaus mündet. Botticelli Baby sind live einfach eine unbändige Kraft. Sie verschmelzen Stile mit spielerischer Virtuosität und unbändiger Energie zu einer einzigartigen Performance, die niemanden unberührt lässt. Ein Konzert, das ganz schön in die Beine geht.
