Atemlos durch die Nacht: Sensationelles Konzert von Ryan McGarvey in der Harmonie

Ryan McGarvey am 24. September 2018 in der Bonner Harmonie FOTO: Dylan C. Akalin

Eine zweite Zugabe wäre doch noch drin gewesen! Ryan McGarvey und seine erst vor zwei Wochen zu ihm gestoßene Rhythmustruppe mit Barend Courbois (Bass) und Ollie Harding (Drums) haben in der Bonner Harmonie am Montagabend ein sensationelles Konzert hingelegt. Das war nicht nur besser als der Auftritt des jungen Gitarristen aus dem US-amerikanischen Wüstenstädtchen Albuquerque, es war sogar beeindruckender als seine aktuelle Live-Aufnahme. Der 28-Jährige ist auf dem besten Weg, sich seinen Platz im Bluesrock-Olymp zu erspielen.

Von Dylan Cem Akalin

Ryan McGarvey am 24. September 2018 in der Bonner Harmonie FOTO: Dylan C. Akalin

Ein beispielloser Sound machte den Auftritt des Heavy-Bluesrock-Trios zu einem zusätzlichen Genuss. Zudem war McGarvey einfach fantastisch drauf. Auch sein Gesang kam wesentlich kraftvoller durch die Lautsprecher, als ich es noch von seinem Auftritt vor zwei Jahren in Erinnerung hatte. Und dann seine Beleitung! Kaum zu fassen, dass sie erst seit kurzem zusammenspielen! Aber die Jungs sollte sich McGarvey warmhalten. Denn die Dynamik und lässige Power, die die beiden über die knapp zwei Stunden bei jedem Stück so verinnerlicht haben, sorgen dafür, dass sich der Virtuose vorne so richtig präsentieren und, wenn nötig, austoben kann.

Wie flirrende Hummelschwärme

„Prove Myself“ zum Beispiel, das als viertes Stück auf der Setliste stand, kommt so knackig-belebt, dass es die Zuhörer geradezu wegbläst! Da knallte die Snare, da bohrte sich der Bass in die Eingeweiden, während McGarvey sich mit seiner schwarzen Fender Strat zunächst in psychedelische Gefilden spielt. McGarvey hat überhaupt einen Gitarrenstil, der jeden Freund der elektrischen Rockmusik umhauen müsste. Er spielt nicht nur äußerst akkurat, da werden in George-Lynch-Manier die Töne aus den Saiten gepresst und gezogen, als hingen sie an Gummibändern, die er genüsslich anspannt und dann durch den Raum flitzen lässt. Akkorde klingen mal wie flirrende Hummelschwärme, mal bedrohlich wie der Antrieb eines Düsenjets.

McGarvey liebt das Risiko

Begleitet diesmal Ryan McGarvey in der Bonner Harmonie: der Waliser Ollie Harding FOTO: Dylan C. Akalin

Ob der klassische Opener „Feeling Like I Do“ oder das zunächst zurückhaltende, riffbetonte „Feeling Like I Do“ oder die Bluesballade „Ain’t Enough Whisky“ – McGarvey ist mit seiner Gitarre immer auf den Punkt und ungemein vielseitig. Seine Fingerfertigkeit beweist er nicht nur beim ruhelosen Instrumental „Texas Special“, dem hitzigen Shuffle  „Joyride“  oder dem heavyrockigen „Memphis“.  Dabei ist McGarvey keiner von den Jungspunten, die sich da ständig profilieren müssen mit rasanten Stunts. Was zählt, ist der Ausdruck. Und der 28-Jährige liebt das Risiko! Vielleicht mittlerweile mehr denn je. Und das macht seine Liveauftritte so sehenswert.

Beim Schlussstück „Mystic Dream“ nimmt er sein Publikum mit auf eine gut 20-minütige Rundreise auf dem fliegenden Teppich. Was für eine Lust am Spiel! Da segeln lichte orientalische Zwischentöne durch psychedelische Abgründe, der Mann jagt in waghalsigen Flügen durch die Schluchten New Mexicos in bester Stoner Rock-Diktion, er lässt klassische Arpeggien von der Decke rieseln, zitiert zwischendurch Deep Purples „Child In Time“, sägt metallische Spänen raus und holt aus seiner Les Paul Sounds heraus, die nur durch intensive Bearbeitung möglich sind. Ein Wunder, dass die Schalter der Gitarre das alles mitmachen. Am Ende sprengt er die Grenzen des klanglich Möglichen und malträtiert seine Gitarre auf dem Boden in Hendrix-Eigenart. Wir gehen am Ende atemlos in die Nacht!

Am Bass bei Ryan McGarvey: der Holländer Barend Courbois, der sonst bei Blind Guardian den Bass zupft. FOTO: Dylan C. Akalin

 

 

 

 

 

 

 

 

Ryan McGarvey am 24. September 2018 in der Bonner Harmonie FOTO: Dylan C. Akalin