Eine ganze Menge Gänsehautmomente bescherten John Illsley und seine Band dem Publikum in der Harmonie. Phil Palmers fulminantes Gitarrensolo auf „Sultans of Swing“ etwa, das soulige Intro von Sängerin Jessica Greenfield bei „Money For Nothing“, oder der fragil-melancholische Gesang Illsleys bei „Testing The Water“. Der ehemalige Bassist und Mitbegründer der Dire Straits hat eine rundum abgestimmte Band zusammengestellt und mit Phil Palmer als Ersatz für Robbie McIntosh eine kluge Entscheidung getroffen. Palmer bereichert die Band mit einem exzellenten Sound, einer herausragenden Technik und einem ausgezeichneten Gespür für situative Ausdruckskraft. Es ist nicht verwunderlich: Wahrscheinlich hat jeder zu Hause ein Album stehen, auf dem der sympathische Brite seine Dienste auf den sechs Saiten zur Verfügung stellt. Der 62-Jährige hat für Eric Clapton, David Sylvian, Joan Armatrading, die Allman Brothers, Bob Geldof, Chris de Burgh, Bryan Adams, auf etlichen Stücken von Robbie Williams und vielen anderen gespielt – auf mehr als 5000 Stücken ist er zu hören. Und auch mit der Dire Straits ist er schon getourt. Palmers Sound erinnert auch deshalb so frappierend an den von Mark Knopfler, weil er auch dieses eigenartige Fingerpicking beherrscht, eine Mischung aus klassischer und eben rockiger E-Gitarre, bei der aber auch andere Techniken zum Einsatz kommen, um diesen so eigenen Sound, der auf Blues, Country, Folk und Rock basiert, zu schaffen.
Diese Vielseitigkeit prägt die ganze Band. Simon Johnson hat zwar einen direkteren Anschlag an der Gitarre, die beiden ergänzen sich aber hervorragend. Steve Smith an den Keyboards schafft in einer so unaufgeregten, selbstverständlichen Art für Sounds und Begleitung, dass es eine große Freude ist. Stuart Ross ist ein Tausendsassa am Schlagzeug, ein Vollprofi, der als Tourmusiker für Amy MacDonald, Vanessa Mae, The Who, Mark Owen, oder Voice of the Beehive gelernt hat, worauf es ankommt. „Ein Beat ist ein Beat“, sagte Ringo Starr mal zu treffend. Genau.
Viele bekannte Dire Straits-Nummern gab es an diesem Abend zu hören, und Illsley vermied es dankenswerter Weise, wie eine gute Tributeband zu klingen. Die Stücke waren vielmehr Adaptionen auf heute, versehen mit ungeheuer viel Dynamik und Eigenständigkeit. Dazwischen präsentierte Illsley in den fast zweieinhalb Stunden beinahe alle Stücke aus seinem aktuellen Album „Testing The Water“. Damait hat der lange an chronischer Leukämie erkrankte Musiker ein berührendes Bekenntnis zum Leben vorgelegt. Es ist aber auch ein klares Statement, die musikalische Idee der Dire Straits fortzuführen. Gut möglich, dass wir diese Band in Zukunft nicht mehr in Clubatmosphäre genießen werden. Die Band gehört auf große Bühnen.