Billy Cobham, die Fusion-Legende, bekannt vom Mahavishnu Orchestra, von seinen sensationellen Alben wie „Spectrum“ und „Crosswinds“, zeigt in der Bonner Harmonie, dass er auch mit 71 Jahren immer noch vor Kreativität strotzt. Der Drummer überzeugte am Dienstag mit einer erstklassigen Band.
Von Dylan Cem Akalin
Irgendwie hatte Billy Cobham einen anderen Sound als sonst (siehe auch Interview und 2012). Die Trommeln klangen härter, die Snare tänzelte weniger, und bei den ersten beiden Stücken musste man sich schon sehr anstrengen, um den typischen Cobham herauszuhören. Und das Biest ließ der 71-jährige Drummer auch erst in der zweiten Hälfte seines knapp zweistündigen Konzertes in der Bonner Harmonie raus. Er ist zwar immer noch der Meister des One-Handed-Roll, aber er setzte diese Technik, für die außer ihm vor allem Buddy Rich so bekannt war, recht sparsam ein. Das ist ein einhändiger Trommelwirbel, auch als „Gravity Roll“ oder „Gravity Explosion“ bekannt, wobei der Stick wie in einer Wippbewegung aufs Fell und auf den Rand der Trommel geschlagen wird. Das ergibt einen sehr eleganten Sound.
Eine Rückbesinnung des Drummers
„Mirage“ scheint es Billy Cobham angetan zu haben. Vor sechs Jahren eröffnete er sein Konzert mit beim Jazzfest in Leverkusen mit dem Stück wie jetzt auch in der Harmonie, und auf dem 2010 erschienenen Album „Palindrome“ coverte er sich praktisch selbst. Das Stück ist vom 1998 herausgekommenen Album „Focused“, das für eine Art Rückbesinnung des Drummers steht – nach einigen eher belanglosen Eskapaden in die Trivial-Jazz-Kuschelzone. In der Ursprungsversion kommt das Stück deutlich reduzierter, Cobham arbeitete da eher mit den musikalischen Rezepten eines zurückhaltenden Anbaggerns. Auch am Dienstagabend steht das Understatement im Vordergrund, doch es hat einen sehr fühlbaren Latinanteil. Karibisches Flair hat auch “Sal Si Puedes (Get Out If You Can!)”, die Bläsersätze über das Keyboard machen das Stück aber Live ein wenig beliebig.
Christian Galvez überzeugt
Auf „Stratus“ haben die Fans natürlich gewartet, und das Stück aus dem Erfolgsalbum „Spectrum“ erklingt tatsächlich als drittes Stück der Setlist. Das Spiel mit dem Thema, die wechselnden Soli zwischen den beiden Keyboardern Steve Hamilton und Camelia Ben Naceur funktioniert auch einwandfrei, wobei sich Naceur mehr als E-Piano konzentriert, Jean-Marie Ecay könnte seine Gitarre etwas gefräßiger rausspielen, die Zehn-Minuten-Fassung kommt ans Original nicht ganz ran, dennoch überzeugt die Band freilich mit fließendem Spiel.
Eines der Highlights des Abends: „Panama“. Der Song, der mit einem einfühlsamen, unverfälscht jazzig gespielten Gitarrensolo beginnt, in das Cobham mit einfachen Beats einsteigt. Die Band zeigt sich hier von einer sehr sensiblen Seite, wobei sie sich auf die leisen Momente fokussiert. Das Stück lebt vom Zusammenspiel, von Call and Response.
Tom-betont steigt Cobham in sein Drumsolo als Intro zu „Tierra del Fuego“ ein, in das Bassist Christian Galvez mit einem fetten rollenden Basslauf eintritt. Überhaupt Galvez! Für mich die überragende Figur auf der Bühne. Er wird ja nicht umsonst der „Pat Martino of the bass“ genannt. Aber man ist ja schnell mit Vergleichen. Eine andere Bezeichnung lautet „der chilenische Jaco Pastorius! Wohl wegen seines großen technischen Könnens und Virtuosität auf dem sechssaitigen (!) Bass.
Der 39-Jährige stand auch schon mit Stanley Clark auf der Bühne und ist unter anderem musikalischer Leiter von Joe Vasconcellos, Zeca Barreto und Myriam Hernandez. Zudem hat er sein eigenes, wirklich sehr ungewöhnlich gutes Trio mit Pablo Menares (Double Bass) und Felix Lecaros (Drums). Wie auch immer. Der Mann hat einen sensationellen Sound – sowohl in den tiefen, als auch den hohen Lagen, in denen er dann auch mal wie ein E-Gitarrist klingt. Mich erinnert er mehr an „Foley“ Joseph McCreary, Jr., den Miles Davis als „Leadbassist“ einsetzte, wobei Galvez sehr viel filigraner spielt. In der Zugabe „Red Baron“ lässt er es dann auch mal ordentlich krachen und macht aus der frühen Cobham-Komposition tatsächlich ein Miles-Davis-Stück. Beachtenswert aber auch sein Solo auf „Tales From The Skeleton Coast“.
Das soll aber die Leistungen der anderen Musiker nicht schmälern, Galvez war eben wirklich ungewöhnlich. Aber auch Steve Hamilton bot immer wieder explosives Spiel an, bei Tierra“ kam er gar dem Sound und Feeling von Jan Hammer recht nahe und bekam zu recht begeisterten Applaus. Jean-Marie Ecay hat manchmal den Ansatz, das Tempo aus dem Spiel zu nehmen, wirkt bei seinen Soli zunächst unentschlossen, um dann aber umso stärker zu beeindrucken, weil er ungemein vielseitig ist und vor Ideen nur so sprudelt. Der Eintritt in den Solopart dürfte aber gerne etwas entschlossener sein.
Cobhams Band hat jedenfalls Lust auf mehr gemacht. Freuen wir uns also also auf den 8. November 2016. Dann spielt Billy Cobham mit seiner Band mit der WDR Big Band feat. Mokhtar Samba bei den Leverkusener Jazztagen.