Köln. Kann man ein Konzert dramatischer eröffnen? Melody Gardot durchschneidet die völlige Dunkelheit auf der Bühne mit ihrer Präsenz, die von der ersten Sekunde an den Saal der ausverkauften Kölner Philharmonie dominiert.
Die blonden Haare sind unter einem schwarzen hochgetürmten Turban verborgen. Säcke, Seemannskisten, Bündel, Körbe und leere Kabeltrommeln um sie herum deuten an, dass wir uns an irgendeinem fernen Hafen befinden, und sie steht wie im Morgennebel, einer geheimnisvollen Nomadin gleich, am Pier, wartend auf das nächste Schiff.
Die Botschaft ist klar: Aus dem unschuldigen Mädchen aus Philadelphia, das sich nach einem schrecklichen Verkehrsunfall neu entdeckte und wiederfand, ist eine Weltenbürgerin geworden. Auf den Gehstock verzichtet sie immer noch nicht, und dennoch kann sie ihren schlanken Körper höchst verführerisch bewegen zu den Klängen, die sie aus dem Orient, aus Portugal und Brasilien, aus Frankreich und der Karibik zu einem sehr subtilen Jazz zusammenwebt, der Spuren von Folk und Tango, von Blues und Swing, von Fado und Bossa Nova enthält.
Die dunkle Sonnenbrille setzt sie wegen einer Nervenverletzung ihrer Augen nie ab. Die Scheinwerfer lassen sie geheimnisvoll im Halbdunkeln, Lichtpunkte flirren mal wie verlorenes Sonnenlicht über die Bühne, mal wie der von sanften Wellen reflektiert. Es ist eine perfekte Show voller magischer musikalischer Momente. Wie Melody Gardot ihre Altstimme unter Kontrolle hat, wie sie das Decrescendo beherrscht, das Vibrato sparsam und effektvoll einsetzt, das ist Kino im CinemaScope-Format.
Dazu diese Band mit Gitarrist Mitchell Long, Stephan Braun (Cello), Irwin Hall (Blasinstrumente) sowie die Rhythmuscombo Pete Korpela (Percussion) und Charles Staab III (Schlagzeug). Die Truppe ist aufeinander so fein eingestimmt, dass sie in so manchen Instrumentalpassagen wie etwa in „Lisboa“ geradezu auf einer seligen Wolke davonzusegeln droht.
Ihr Programm hat Gardot wohl zusammengestellt. Die meisten Stücke stammen aus dem Album My One And Only Thrill, aus dem neuen, The Absence, singt sie Goodbye, Mira, Lisboa, So we meet again und Iemanja. Zur Zugabe gibt es eine leidenschaftliche Version von George Gershwins Summertime. Mehr kann man von einem Musikabend nicht erwarten.