Vinyl-Freunde fiebern dem Record Store Day am Samstag entgegen

Blick ins Hifi Studio Fuchs in Meckenheim. FOTO: Promo

Vinyl-Freunde fiebern schon dem Record Store Day am Samstag, 16. April 2016, entgegen. Der dritte Samstag im April ist für Musikfans, insbesondere die Freunde der schwarzen Rille, sowas wie wenn Weihnachten und Silvester auf einen Tag treffen. Der Record Store Day (RSD) ist der Tag, mit dem eigentlich unabhängige Plattenläden wie Mr. Music in Bonn oder das Underdog in Köln gefeiert werden sollen – die letzten kleinen wackeren Bastionen der gepflegten Musikkultur. Und ganz nebenbei soll einem Dinosaurier gehuldigt werden, von dem wirklich nur ganz Wenige in den vergangenen Jahren noch glaubten, dass er noch nicht ausgestorben sei: die Vinylplatte.

„Seit zwei, drei Jahren kommen immer mehr Studenten und Gymnasiasten und suchen nach den Platten, die uns früher als Jugendliche auch schon in die Plattenläden trieb: Bob Dylan, Beatles und viele Jazz-Klassiker“, sagt Thomas Mechlen, der seit zehn Jahren das Black Diamond Records in Köln betreibt. Zwar gibt es bei ihm normalerweise Secondhand-Platten, am Record Store Day jedoch bietet er auch etwas von dem einmaligen Angebot an. Außerdem profitiert er von den vielen Musikfreunden, die schon ein, zwei Stunden vor Öffnung des benachbarten Underdog anstehen.

„Samstag ist bei uns Großkampftag“, sagt Bernd Gelhausen von Mr. Music. Die Leute stehen bis in die Poststraße an, um eine der begehrten Platten zu bekommen, die es nur exklusiv an diesem Tag zu kaufen gibt. Metallica, die 2008 beim ersten RSD in San Francisco im berühmten  Rasputin Music als Paten im Laden standen, bringen für diesen Tag eine CD heraus, was den Andrang sicherlich noch weiter antreiben wird.

Mehr als 600 Veröffentlichungen sind für diesen Tag angekündigt, viele limitiert auf 500 oder 1000 Stück – weltweit. „Das Besondere ist für uns nicht nur, aus dieser Masse für unsere Kunden das Richtige herauszusuchen“, so Carsten Krey, RSD-Beauftragter bei Mr. Music. „Wir wissen ja oft gar nicht, was und wieviel uns zugeteilt wird.“ Zudem müssen die Läden in Vorkasse treten, können die nicht verkauften Platten nicht wieder an die Vertriebe zurückschicken und müssen eine lange Regelklausel unterschreiben. Da  verpflichten sie sich, Platten nicht vor dem RSD zu verkaufen und je Kunden von einer Platte auch nur eine zu verkaufen. Denn längst hat sich unter den Geschäftemachern herumgesprochen, wie schnell der Wert der limitierten Platten steigt.

Gelhausen ist eher zurückhaltend, wenn er die Bedeutung des RSD einschätzen soll. „Klar, ist das auf jeden Fall eine gute Sache, um für die unabhängigen Plattenläden und überhaupt für das Vinyl-Produkt zu werben“, sagt er. Die Umsatzzahlen dieses Tages dürften aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Vinyl nach wie vor ein Nischenprodukt sei und die kleinen Musikgeschäfte hart um ihre Existenz kämpfen müssten.

Der Bundesverband Musikindustrie jubelt zwar über zweistellige Wachstumsraten bei den Vinylverkäufen. Dennoch bleibt es ein ziemlich kleines Mosaikteilchen im Gesamtumsatz. Mit 50 Millionen Euro Umsatz in 2015 verzeichnete die Industrie in diesem Segment einen Wachstum von 30,7 Prozent zum Vorjahr, als 38 Millionen Euro ei9ngenommen wurden. 2013 waren es 29 Millionen Euro. Zum Vergleich: 2006, als der „Boom Vinyl so langsam anzog, waren es noch sechs Millionen Euro.

Für Jürgen Fuchs vom gleichnamigen Hifi Studio in Meckenheim sind es vor allem Musikinteressierte aus dem audiophilen Bereich, die sich für Platten interessieren. Der Sound des Vinyl gilt eben im Gegensatz zum digitalen Produkt wärmer und voller, wesentlich organischer. Fuchs bietet in seinem Studio in einem kleinen Raum ein respektables Plattenangebot. Sonst ist er auf Anfrage geöffnet, an diesem Samstag bietet er in der Zeit von 10 bis 19 Uhr limitierte LP-Erscheinungen an.

Und die Preise für diese Platten sind auch nicht unbedingt niedrig. Die Single „In A Free Land“ der amerikanische Alternative/Punk-Band Hüsker Dü dürfte um die 20 Euro kosten, Spezialboxen, etwa acht LP starke Veröffentlichung von Giant Sand gut 200 Euro.

Viele Kritiker beklagen, dass der RSD mittlerweile mit Veröffentlichungen überschwemmt wird. Tatsächlich fragt man sich, was eine Neuerscheinung etwa einer Best-of-Platte von Johnny Cash eigentlich soll. Dennoch: Ein Blick in die Listen zeigt, dass sich ein Besuch lohnen wird. Von Cheap Trick kommt eine audiophile Vinyl vom Budokan-Auftritt 1978 heraus, von Emerson, Lake & Palmer wird ein Deluxe-Doppelalbum ihres Konzertes in der Schweiz von der Tour 1997 angekündigt. Cargo hat die kompletten Aufnahmen von Elvis Presleys Auftritten in den 1950er Jahren auf zwei Platten gepresst. Besonders begehrt dürfte auch die Single-Sammlung von Bryan Ferry sein: Sechs Sieben-Inch-Platten aus den Jahren 1973 bis 1976. Ungewöhnlich: Xiu Xiu veröffentlicht eine Neuinterpretation der Twin Peaks Soundtracks aus der Gallery of Modern Art in Australien. Die Frage ist nur: Kommt man am Samstag auch an die Schätze dran?

 

Diese Läden in der Region machen mit:

Mr Music: Maximilianstr. 24, 53111 Bonn

Hifi Studio: Auf dem Stephansberg 17, 53340 Meckenheim

a-Musik: Kleiner Griechenmarkt 28-30, 50676 Köln

Black Diamond Records: Ritterstr. 48, 50668 Köln

Drake Records: Nießenstr. 6, 51103 Köln

Early Bird: Lindenstrasse 77, 50674 Köln

Groove Attack: Maastrichterstr.49, 50672 Köln

Kompakt: Werderstraße 15-19, 50672 Köln

Music Point: Hansaring 62, 50670 Köln

Normal Schallplatten: Heliosstr. 6A, 50825 Köln

Parallel Schallplatten: Brabanter Str. 2-4, 50674 Köln

Schallhandel: Luxemburger Str. 72, 50674 Köln

Underdog Recordstore:               Ritterstr. 52, 50668 Köln

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