Von Dylan C. Akalin
Wieder eine Verblüffung beim Crossroads Festival des Rockpalast in der Bonner Harmonie, aber der anderen Art: Cody Jasper überrascht mit einem tollen Auftritt, und Kris Barras, von dem ich mir mehr erwartet hatte, zeigt Schwächen im Gesang, aber fantastische Darbietungen an der Gitarre.
Der Mann kommt mit neuem Look: kurze blonde Haare, große Sonnenbrille. Von dem Sunnyboy-Image ist nichts mehr da. Cody Jasper, der Mann aus Texas, macht mit Patrick Smith (Bass) und Adam Breeze (Drums) gleich von der ersten Minute klar, dass sie nicht vorhaben, sich in Zurückhaltung zu üben. Im Gegenteil. Sie geben Gas und in „Shout“ singt Jasper auch, worum es geht: „This is Rock ‚n‘ Roll!“
„Medicine Man“ hat in seiner Wuchtigkeit, die Gitarrenriffs, wuchtige Drums und Bass wie ein Bergmassiv aufbauen, auch einen hymnischen Chorus. Sein Solo schraubt sich am Ende rein wie eine Hilti in Stahlbeton und hört ebenso abrupt auf, um dann erstmal ruhige Töne anzuschlagen. Der Song startet zwar zunächst mit entrückt klingenden, metallischen Gitarrensounds, wandelt sich aber immer mehr in eine wütende Abrechnung mit Politikern, Geistlichen – und Gott, von dem sich der Sänger ein Zeichen wünscht.
Das muss man dem Trio lassen, sie wissen, wie man Zorn, Empörung und Wildheit musikalisch umsetzt und dabei alle Schattierungen ausnutzt, das kann Jasper sowohl stimmlich, wenn er von Kopf- auf Bruststimme umschaltet, mal sachtere, mal lautere Töne anschlägt, aber auch mit der Gitarre, die durchaus auch mal breit und ausgedehnt Flächen schafft, die von der Rhythmustruppe mühelos getragen werden.
„Who You Are“ ist ein Lobgesang auf einen Mann, der seinen Platz in der Liebe und im Leben gefunden hat. Mit diesem Song zeigt der Mann, dass er auch durchaus radiotauglichen Country-Pop kann: „Lass dich niemals von der Welt unter Druck setzen / Baby, du musst nichts ändern“.
Inspiriert von Legenden wie Stevie Ray Vaughan, Jimi Hendrix und Tom Waits, formte Jasper seinen eigenen Stil, der von roher Energie und emotionaler Tiefe geprägt ist. Seine Karriere nahm Fahrt auf, als er begann, in der örtlichen Musikszene von Texas aufzutreten. Schnell erlangte er den Ruf eines talentierten Live-Performer, der mit seiner Bühnenpräsenz das Publikum in seinen Bann zieht. In Bonn zeigt sich Cody Jasper indes vorwiegend von der härteren Seite. Dem Publikum gefällt’s.
Kris Barras
Kris Barras betritt die Bühne, wie es sich für einen ehemaligen MMA-Kämpfer gehört. Mit Bombast und reichlich selbstbewusst. Dafür kommt der Gesang auf „Who Needs Enemies“ zunächst doch überraschend dünn rüber. Seine Fähigkeiten als Leadgitarristen indes sind wirklich richtig gut. Seine kurzes Solo beim Opener lässt uns die Augenbrauen hochziehen.
Bassist Frazer Kerslake fängt schon auf über die Bühne zu hüpfen, bevor das Konzert überhaupt richtig angefangen hat – und soll das die ganze Show über beibehalten. Der Mann muss eine Menge Energydrinks zu sich genommen haben. „Unbreakable“ ist ziemlich harter Rock, wie man es eigentlich von Barras, den ich mit einigen seiner Songs bislang eher Richtung Bon Jovi eingeordnet hatte, nicht kennt.
Auf der Setlist stehen mehr Hardrock-Nummern als bluesige Southern Rock-Stücke der früheren Alben. Barras selbst sagt später, dass sich der Sound der Band erheblich verändert habe. Und so präsentiert er auch mutig Songs des noch nicht veröffentlichten Albums. Indes tun sich gerade bei den lauten Gesangspartien ein paar kleine Schwächen auf. Manchmal liegt es doch leicht aber hörbar daneben. Was schade ist, weil Band und sein instrumentaler Teil fantastisch sind.
Höhepunkte sind für mich die Ballade „Secrets“ (für seine Tochter Nola gesungen), „Wake Me When It’s Over“ und das bluesige Lied „Watching Over Me“, das er für seinen Vater schrieb. Mit seiner kraftvollen Stimme spürt man hier auch seine Emotionen im Raum. Insbesondere seine Gitarrenarbeit und der Sound sind hier einfach nur exzellent. Ein echter Hörgenuss.