Tanzen, Springen, Lächeln. Das ist Madsen. Schon bei den ersten Akkorden zu „Du schreibst Geschichte“ singt das Publikum mit. Mag sein, dass sich die Truppe etwas dabei gedacht hat, als sie gestern Abend ihr Konzert ausgerechnet mit diesem Song eröffnet. Mit dem Stück beendete Madsen zuletzt 2010 ihr Konzert auf der Bonner RheinKultur vor 60.000 Zuschauern. 2010 – das war das Jubiläumsjahr des Open-Air-Festivals, das 25 Jahre zuvor das erste Mal in der Rheinaue stattfand. Und Madsen war insgesamt dreimal dabei. Somit war es eigentlich ein Heimspiel für die drei Brüder Sebastian (Gesang, Gitarre), Johannes (Gitarre, Gesang) und Sascha Madsen (Schlagzeug) sowie Niko Maurer (Bass), die auf der Tour unterstützt werden von Lisa Nicklisch (Keyboard) und Gitarrist „Mücke“. Immerhin erwähnt Frontmann Sebastian Madsen die RheinKultur als die „schönsten Konzerte unserer Bandkarriere“ und entschuldigt sich, dass die Band drei Jahre nicht mehr in Bonn war.
Dafür geben die Sechs aber alles. Als zweites Stück folgt das aufpeitschende „Vielleicht“ aus ihrem Debütalbum von 2005. Das Publikum ist eine einzige springende Woge. Dennoch: Wo sind die Massen, die Madsen sonst gewohnt ist? Nur etwa 750 finden den Weg in den Kunst!Palast. Doch die, die da waren, die hatten ihren Spaß. Und Frontmann Sebastian Madsen offensichtlich auch. Er ist ein geborener Entertainer, immer wieder kommuniziert er mit seinem Publikum („Geiles T-Shirt! Wo hast’n das her?“), weiß, wie man mit den Scheinwerfern Effekte erzielt. Er steht auf der Empore, die Gitarre im Anschlag, von unten hell beleuchtet. Und die fetten Rockriffs werden live noch mal eine Spur härter gespielt.
„Wo es beginnt“ aus dem aktuellen gleichnamigen Album lässt er mit einem orgiastischen Gitarrengewitter beenden, doch der Übergang zum nächsten Song „Sturm“ muss einem kurzen Break weichen: Die hohen Temperaturen im Zelt verstimmen die Gitarrensaiten, was Madsen mit „Komplettalarm“ kommentiert, und Sascha Madsen zieht sein T-Shirt aus.
Einen schönen Mix hat die Band für ihre Fans zusammengestellt, eine schöpferische Reise durch alle Alben. Bei ihrem letzten Album hat sich das Quartett aus dem Wendland wieder auf ihre alten Stärken konzentriert: Musik aus dem Bauch, laut, rockig, erdig, viele Melodien zum Mitsingen, stadionsicher sozusagen. Und das haben sie in der Vergangenheit auch schon getestet. Auf dem Deichbrandfestival, dem Helene Beach Festival… und jetzt in Bonn.
Es gibt auch einige Referenzen. Der bekennende Soulfan Sebastian singt Marvin Gayes Soulklassiker „I Heard It Through The Grapevine“, die Sommerhymne von 1966, und lässt es in das rockige „Mein Herz bleibt hier“ (2010, Labyrinth) übergehen. Klar fehlt auch „Love is a Killer“ nicht, sein Lieblingssong, wie er kürzlich im GA-Interview bekannte. Ein Song, der durchaus auch als Trinklied durchgehen würde, mit vielen Zitaten an russisches Liedgut. Und ausgerechnet darin baut die Band einen musikalischen Ausflug zu Golden Earrings „Radar Love“ ein. Und dann endlich die schöne Ballade „So cool bist du nicht“ im Duett mit Lisa. Das Publikum ist verzückt – und verlässt nach knapp anderthalb Stunden das Festzelt – immer noch das letzte Stück vor der Zugabe im Ohr „Lass die Musik an“: „Wir haben nicht ewig Zeit/ Dieser Moment ist gleich vorbei“ Doch die Menge will den Moment festhalten. Aber so ist das Leben. Alles hat ein Ende.