Hinreißend: Angus and Julia Stone auf dem Kunst!Rasen

Angus and Julia Stone auf dem Kunst!Rasen Bonn. FOTO: Ingo Firley

Es ist 21.08 Uhr, als ein Düsenjäger den blauen Himmel über dem Kunst!Rasen zerschneidet und Angus and Julia Stone Big Jet Plane anstimmen. Das australische Geschwisterpaar bringt diese sehnsüchtige Liebesballade in einer zauberhaften Version, bei der Julia zu Angus brüchigen Gesang kosmische Elektroklänge aus der Gitarre zaubert, die dem Stück, das sonst mit akkuraten Streichern hinterlegt ist, eine himmlische Note gibt. Überhaupt ein geradezu ambrosisches Konzert in der Bonner Rheinaue, das mit 78 Minuten leider viel zu kurz war.

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Julia Stone. FOTO: Ingo Firley

Den Start macht Julia mit dem schönen Trennungssong „It’s All Okay“, ein typischer Song des Duos – eine kleine, zarte Melodie und ein Text, bei dem jede Zeile eine ganze Geschichte erzählt und den Zuhörer sofort in die betörende Welt der Stones hineinzieht. „Heart Beats Slow“ vom aktuellen Album beginnt mit einem mandolinenhaften Gitarrenintro. Überhaupt gibt sich das Duo, unterstützt von einer vierköpfigen Band viel Mühe, um einen breiten, raumfüllenden Sound zu kreieren, was ihnen überaus gut gelingt. Indes: Es hätte eine Spur lauter sein können, gerade bei den leisen Passagen.

Auf jeden Fall beherrschen Julia (31) und Angus (29) die Klaviatur der Dramatik und des Spannungsbogen, auch wenn bei ihnen grundsätzlich das Gesetz der Entschleunigung gilt. Und hin und wieder ist der Name schon Programm: So manches klingt auf jeden Fall „stoned“. Vor allem, wenn die beiden ihre unaufdringlich, zurückhaltenden Kommentare geben und kleine Geschichten erzählen. Etwa die aus ihrer Schülerzeit, als sie die Schule schwänzten, lieber einen Joint rauchten und Musik machten. Damals, als sie noch mit den Eltern in Newport, einem Vorort von Sydney lebten. Oder die Geschichte zu „For You“, ein Lied, das Julia für einen Jungen schrieb, der ihr mit einem Death Metal Song mit dem Titel „Go To Hell“ antwortete.

Angus Stone: FOTO: Ingo Firley
Angus Stone: FOTO: Ingo Firley

„Death Defying Acts“ beginnt eher folkig mit einem beschaulichen Gitarrenintro und dem zerbrechlich-kindlichen Gesang Julias und entwickelt sich, stets mit ruhigem Bass begleitet, zu einem psychedelischen Ausbruch nach Art von Portishead und Patty Smith. Ganz großartig!

„Crash and Burn“ könnte fast eine frühe Folk-Rock-Nummer von Crosby Stills Nash & Young sein, „Private Lawns“ ist ein merkwürdig verqueres Stück, auf dem das Banjo wie eine spanische Gitarre gespielt wird, der Rhythmus zum Reggae wechselt und Julia ein Trompetensolo spielt, das auch in einer mexikanischen Taverne erklingen könnte.

Dass die Stones auch anders können, zeigen sie mit „It Was Blue“ von Angus‘ Solo-Album Broken Brights, das mit donnergrollenden Trommeln, rückkoppelnden kreischenden Gitarren einsteigt und schon fast wie eine psychedelische Rocknummer der Doors durchgehen könnte, selbst Angus klingt manchmal wie Jim Morrison.

Leider gibt es nach so vielen Glücksgefühlen nur eine Zugabe, ein akustisches Duo der Geschwister – aber wenigstens eines ihrer schönsten Songs. Sie verabschieden sich mit einer Bilderflut, die „Santa Monica Dreams“ eben bietet. Es war wohl eines der schönsten Konzerte auf dem Kunst!Rasen – doch leider nur von rund 2000 Fans besucht. Sehr schade! Die, die nicht kamen, haben einen wunderbaren Musikabend verpasst. (Cem Akalin)