Kaum zu glauben, dass mit Status Quo und Alice Cooper zwei durchaus in die Jahre gekommene Rocker noch so eine fabelhafte Show hinlegen können. Das Publikum auf dem Bonner Kunst!Rasen konnte am Donnerstag jedenfalls mit den Netto gut drei Stunden klassischer Rockmusik durchaus zufrieden sein.
Dabei konnte das Programm der beiden Veteranen nicht gegensätzlicher sein. Hier Status Quo, die Gentleman des britischen Boogie-Rock in weißen Hemden, akkuratem Outfit und den bekannten weißen Marshall-Verstärkertürmen, eher Straight Ahead in Sound und Rhythmus, dort Alice Cooper, der dunkle Fürst und Einpeitscher des Horror-Rock, die Band komplett in schwarz gekleidet, teilweise in düsteren Outfits, die an Filme wie „Mad Max“ oder „Conan, der Barbar“ erinnerten. Bassist Chuck Garric etwa mit allerlei Pelzstücken behangen, Gitarristin Nita Strauss blutverschmiert.
Und der Dompteur des Horror-Zirkus‘ selbst natürlich: bekleidet mit einem Fantasiefrack mit roten und schwarzen Längsstreifen, schwarzen Lederhandschuhen, einem Gehstock, und der Herr trägt selbstredend weiße Gamaschen. Geschminkt mit der bekannten Gesichtsbemalung betritt er gestenreich die dunkle Bühne, hinter der riesige angstvolle Augen aufs Publikum blicken. Puppen und Köpfe auf der Seite lassen schon nichts Gutes erahnen. Alice Cooper steigt auf den Podest – und die Mysterienspiele des Rocktitanen können beginnen.
Es geht los mit dem Judy Collins Cover „Hello Hooray” und “House of Fire”. Bei “No More Mr. Nice Guy” schubst der Meister seine Musiker grob vor sich her, bei „Under My Wheels” und „I’ll Bite Your Face Off“ hetzt und prügelt er sie geradezu über die Bühne, greift zum Degen oder zur Peitsche und wirft bei „Billion Dollar Babies“ die Dollar-Scheine ins Publikum. Wunderbar die Loser-Hommage “Lost in America” über einen Kerl, der kein Mädchen abkriegt, weil er keine coole Karre fährt, und keine coole Karre fährt, weil er eben keinen Job hat. Danach passt natürlich die Stadion-Hymne „Hey Stoopid”. Die Menge ist der Chor, und Alice Cooper der irre König des Pöbels.
Cooper ist wahrscheinlich der Begründer der bombastischen Bühnenshows. Ohne ihn hätte es wohl keine Kiss und keinen Marilyn Manson gegeben. Und das fabelhafte an dem mittlerweile 67-jährigen Alice Cooper ist, dass er sich und seine Show längst nicht mehr ernst nimmt und alles, auf angenehm ironische Art zelebriert.
Der Auftritt mit der weißen Boa ist längst Teil seiner Kultdarstellung, und auch sein „Welcome to My Nightmare“, der folgende Höhepunkt der Horrorshow, die Schöpfung von Frankensteins Monster, sein inszenierter Tod an der Guillotine und seine Auferstehung sind reif fürs Phantasialand, wenn da eben nicht diese erstklassigen Musiker wären, die bei all der theatralischen Fülle auf der Bühne, immer auf den Punkt spielen – mit erstaunlicher Virtuosität. Und Nita Strauss ist nicht nur eine Augenweide, die junge Gitarristin ist eine Meisterin an den sechs Saiten.
Ganz aus dem Häuschen geriet das Publikum bei der Auferstehungsszene, zu der Alice Cooper bei wechselnden Grabsteinen ein Medley von Songs der Doors („Break On Through to the Other Side“), der Beatles (“Revolution“), Jimi Hendrix („Foxy Lady“) und The Who („My Generation“) brachte. Man vergisst häufig bei all der Show des Meisters, dass Alice Cooper auch eine erstaunlich guter Sänger ist. Zur Zugabe kam dann der Sonn, der einfach nicht fehlen darf. Pünktlich zum Ferienbeginn: “School’s Out” mit Pink Floyd-Eingaben. Eine grandiose Schau! (Cem Akalin)