Fünf gute Gründe, sich das dritte Album der Flying Colors „Third Degree“ zu kaufen

FLYING COLORS FOTO: Jim Arbogast

Es gibt mindestens fünf gute Gründe, sich auch das dritte Album der Flying Colors „Third Degree“ zu kaufen: Steve Morse, Casey McPherson, Mike Portnoy, Neal Morse und Dave LaRue. Nach dem selbstbetitelten Debüt aus dem Jahr 2012 und „Second Nature“ (2014) wird wieder Progrock mit leicht zugängigen Melodien und hymnischer Stimmung geboten.

Von Dylan Cem Akalin

Ich muss an die Anfänge von Toto denken, wenn ich die Flying Colors höre. Nicht etwa weil sich die Musik so ähnelte, sondern weil sich damals wie heute ein paar 1-A-Musiker, sowas wie die Creme de la Creme, zusammengetan haben, um mit ihrem wunderbaren Talent Musik zu machen, die sogleich Spaß macht als auch intelligent und virtuos ist.

Flying Colors  steigt gleich mit ihrer Signatur ein. „The Loss Inside“ startet mit dem Gitarrentreiben, mit fetten Orgelnklängen, bevor die Melodien einsetzen, sehr rockig, vorwärtstreibend und aufmerksamkeitsstark. „More“, zu dem es ein ziemlich bunt beleuchtetes Schwarzlichtvideo gibt, wird zwar ebenfalls von schweren Gitarren und donnerndem Schlagzeug angetrieben, hier stand aber sicherlich Muse Pate. Irgendwie sehr new progig. In der Mitte streckt sich der Song mit einer süchtig machenden, keyboardlastigen Instrumentalbewegung aus, bevor ein leiser, stimmbeherrschender Abschnitt zu hören ist. Es schließt sich natürlich der Kreis und der treibende Rock wird vor dem Ende zurückgebracht, mit der Zeit für eines von Neals Signature Key Solos und der Vokalharmonisierung, für die die Band so bekannt ist.

Ein unglaubliches Team

Gitarrist Steve Morse (Deep Purple, Dixie Dregs, Ex-Kansas), Schlagzeuger Mike Portnoy (Winery Dogs, Ex-Dream Theatre, Transatlantic), Keyboarder Neal Morse (Transatlantic, Ex-Spock’s Beard), Bassist Dave LaRue (Dixie Dregs, Ex-Joe Satriani) und Sänger und Songwriter Casey McPherson (Alpha Rev, The Sea Within) sind ein unglaubliches Team.

„Cadence“ ist eine hinreißende Komposition, das entfernt auch an ganz frühe Kompositionen von King Crimson erinnert, Progrock mit Folkeinkerbungen. Und was ist das für eine Basseinlage auf „Guardian“? Ab diesem Stück bewegt sich das Album insgesamt ein bisschen mehr in Richtung Straight Prog.

„Last Train Home“

Eines der Highlights des Albums ist das zehnminütige „Last Train Home“, gesungen zunächst von McPherson, dann von Neal Morse und sicherlich auch von ihm musikalisch stark beeinflusst. Das Stück hat alles, was an diese Band so großartig macht – und eine ganz starke Progrockgewichtung.

Inhaltlich geht es wohl um die Reise von Körper und Seele ins Jenseits (was thematisch wohl zu Morse passt) und beginnt langsam und melodisch. Dann werden die Dinge jedoch immer ausgefeilter, die Trommeln nehmen an Geschwindigkeit zu, die Tasten werden lauter und die Gitarre schwerer, bevor sie sich in ein vollwertiges Progrock-Epos verwandelt, wie wir es von Genesis und Yes lieben. Passenderweise übernimmt dann Neal als Leadsänger eine Strophe. Seine Stimme verleiht dem Song eine neue emotionale Note, bevor ein Akustikgitarren-Lead-Jam mit Scat-Gesang in den nächsten Abschnitt des Songs übergeht. Casey übernimmt wieder den Gesang und singt: „Standing back you leave alone/don’t be sad you’re going home“. Die Musik hebt den Gesang, und die abschließenden Minuten sind immens kraftvoll und effektiv.

Die Ballade “You Are Not Alone” beginnt sehr sparsam instrumentiert, ein meditativerer Song über die vielen Prüfungen des Lebens. Steves Gitarre klingt leicht akustisch und zerbrechlich bis er mit einer segelnden E-Gitarre einsteigt. Die Keys übernehmen eine Streichersektion. Sicherlich sehr effektiv, mir aber insgesamt ein wenig zu bedächtig, hat etwas zu viel von Christian rock.

Elf-minütiger Abschluss

„Love Letter“ ist sowas wie eine Beatles-Referenz, sehr eingängig und poppig. Ein Happy-Song.  Aber keine Sorge. Es gibt mit „Crawl“ einen 11-minütigen tollen Abschluss mit fantastischen Vocals (Ich finde Casey McPherson eh richtig gut!), starken Melodien und instrumentaler Exzellenz.

Zitate der Musiker

„Third Degree“ baut erneut auf der tief verwurzelten Verbindung, die während der letzten beiden Alben zwischen den Bandmitgliedern entstanden ist. „Zwischen uns herrscht eine ganz besondere Chemie.“, merkt Portnoy an. „Je vertrauter wir einander werden, desto besser werden wir als Musiker und auch die Musik selbst reift dadurch immer weiter.“ Und Steve Morse fügt hinzu: “Einer meiner Favoriten, ‚Geronimo‘, hat eine optimistisch-jazzige, aber gleichzeitig auch schwer-melancholische Stimmung zugleich. Wir spielen das, was sich gut für uns anhört und uns zum Lächeln bringt. Wir fragen uns nicht, ob es Kritikern oder Programmchefs gefallen könnte. Es geht uns nur um die Musik!“

Aktuell sind neun Konzerte der Flying Colors in den USA und Europa geplant. „Unser Sound hat sich auf dieser Platte deutlich weiterentwickelt und ich freue mich sehr darauf, ihn endlich auf die Bühne ausprobieren zu können.“, sagt McPherson und lächelt: „Diese Entwicklung wird beim vierten Album noch deutlicher zu hören sein.“

HPAR-Technologie

Auf „Third Degree“ kam zum ersten Mal die branchenführende HPAR-Technologie (Harmonic Phrase Analysis and Restoration) zum Einsatz. Entwickelt vom Produzenten Bill Evans (der die fantastischen Fünf einst dazu anstiftete, die Band zu gründen), sorgt diese für eine noch nie dagewesene Klangtreue. Rich Mouser (The Neal Morse Band, Transatlantic), der eigentliche Produzent der Band, mischte die Songs daraufhin in seinem unnachahmlichen Stil ab.

Die Zukunft von Flying Colors sieht Mike Portnoy sehr positiv: „Unser Ziel, das wir hatten, als wir zusammenfanden, ist immer noch dasselbe: die gleichen fünf Typen mit den unterschiedlichsten musikalischen Backgrounds sind zu einem riesigen musikalischen Schmelztiegel geworden und erschaffen noch immer Musik, die eingängig, melodisch, tiefgründig und farbenfroh ist.“

Auf „Third Degree“ feuern Flying Colors erneut aus allen Rohren und stellen dabei geschickt ihren unnachahmlichen musikalischen Charme unter Beweis

Flying Colors on Tour:

8/30       Cross Plains, TN, MorseFest 2019
9/05       Ventura, CA, Ventura Theater
10/07    New York, NY, Sony Hall
10/11    Glenside, PA, Keswick Theater
10/17    St. Charles, IL, Arcada Theater
12/11    Pratteln, Switzerland, Z7
12/12    Cologne, Germany, Essigfabrik
12/13    Tilburg, Netherlands, 013
12/14    London, England, Shepherd’s Bush Empire