Geri Allen ist ein Phänomen. In der Jazz-Szene gilt sie als eine der ganz großen Musikerinnen, in New York zählt sie zu den einflussreichsten. Vor ihrem Pianospiel haben selbst Leute wie Charles Lloyed und Ron Carter Ehrfurcht, weil sie vor Selbstbewusstsein und Eigenständigkeit nur so trotzt. Und doch hat sie seit 1998 kein eigenes Album mehr veröffentlicht. Mit großer Spannung wird daher ihre neue CD erwartet. „The Life of a Song“ erscheint dieser Tage bei Telarc und ist wieder mit einem klassischen Trio aufgenommen – mit der Creme der Rhythmus-Musiker Jack DeJohnette (Drums) und Dave Holland (Bass), der gerade in vier Kategorien die Kritikerpreise des wichtigsten Jazz-Magazins Down Beat abgesahnt hat. Am Dienstag ist Geri Allen zu Gast im Beethoven-Haus in der Reihe Jazz-Piano II.
Allen, 1957 in Detroit geboren, begann mit sieben das Klavierspiel, studierte ihr Instrument unter anderem am Jazz Development Workshop, schloss ein Studium an der Howard University ab, um schließlich auch noch den Magister an der University of Pittsburgh in Ethno-Musikwissenschaften zu machen. Kein Wunder also, dass sie nicht nur als absolute Kennerin der Jazzliteratur, sondern auch der musikalischen Wurzeln der afro-amerikanischen Musik gilt. Dizzy Gillespie warf noch bis kurz vor seinem Tode den Young Lions, dem Jazz-Nachwuchs, vor, zuviel Hommagen zu produzieren und zu wenig Innovatives herauszubringen.
Das kann man Allen nicht vorwerfen. Ihre Heimat ist der Blues, der Bebop und der Hardbop. Doch so sehr sie sich selbst in der Jazztradition verwurzelt sieht, so sehr stellt sie seine musikalischen Grenzen in Frage und erweitert sie sie für sich ständig. Allen wuchs zwar mit Duke Ellington, Miles Davis und Thelonious Monk im Ohr auf, ist aber allen möglichen musikalischen Strömungen sehr aufgeschlossen. Sie war Mitglied der von Vernon Reid ins Leben gerufenen Vereinigung Black Rock Coalition, produzierte 1993 mit dem „M-Base Collective“, die neue Wege der Improvisation gingen, spielte mit Free-Jazzern wie Ornette Coleman, begleitete Sängerinnen von Betty Carter über Cassandra Wilson bis hin zur Motown-Sängerin Mary Wilson. Sie wurde engagiert von Chico Freemann, Steve Coleman, Fred Wesley, T-S.Monk, Courtney Pine und Me’Shell NdegéOcello und leitete natürlich selbst schon alle möglichen Bands.
Allen, die mit dem als Miles-Davis-Nachfolger geltenden Trompeter Wallace Roney verheiratet ist und drei Kinder hat, gilt als toughe Perfektionistin.
Dienstag, 3. August, im Beethoven-Haus.
(Cem Akalin)