Whitesnake geben in Bonn ein eindrucksvolles Best-of-Konzert

David Coverdale auf dem Museumsplatz in Bonn. FOTO: Horst Müller

„Ich sing mir die Seele aus dem Leib“
Whitesnake geben ein eindrucksvolles Best-of-Konzert, nur der Sound  lässt mehr als zu wünschen übrig. David Coverdale zieht alle Register

Von Cem Akalin

Das rote Hemd über der verwaschenen Jeans wird gerade einmal von einem Knopf in Bauchnabelhöhe zusammengehalten. Silberketten auf braungebrannter Haut. Der durchtrainierte Körper glänzt. David Coverdale wird nächste Woche 53, und auch im Alter ist der Hardrocker sexy. Er ist heiß auf Rock’n Roll. Und die 2600 Whitesnake-Fans auf dem Museumsplatz sind heiß auf ihn. Schon beim ersten Stück „Burn“ von der gleichnamigen LP, die Coverdale Anfang der 70er noch als Sänger der legendären Rockgruppe Deep Purple aufgenommen hat, singen sie lautstark mit. Das Stück bewährte sich schon früher als Opener, warum also nicht auch heute?
Aber was braucht Coverdale schon Deep Purple? Mit Whitesnake hat er mit später wechselnden Gitarristen genug Hits geschrieben, um zwei Abende locker zu gestalten. Die knapp zwei Stunden lassen kaum Wünsche offen: „Ready An‘ Willing“, „Crying In The Rain“ und Balladen wie „Is This Love“, „Here I Go“ oder „Ain’t No Love In The Heart Of The City“.
Coverdale zieht alle Register – stimmlich wie gestisch. Rocker sind eben Poseure. Die rote Zunge als Aufnäher im Schritt, der Mikrophon-Ständer als phallische Andeutung – der Mann wirbelt auf der Bühne und gibt alles. Grell angestrahlt, fixiert er sein Publikum mit stahlblauen Augen und sucht den Dialog. Dabei lässt er sich auch mal auf einen Titelwunsch ein und singt a cappella „Medicine Man“.
Die spontanste Reaktion kommt sehr viel früher. Als zweites Stück hatte die Band gerade ein paar Takte von „Bad Boys“ angestimmt, als Coverdale abrupt abbricht. In den vorderen Reihen hatten sich Fans gestisch über den Sound beschwert. In der Tat war die Abmischung mehr als miserabel. Coverdale lässt nachbessern, optimal wird’s trotzdem nicht. „Ich sing mir die Seele aus dem Leib für euch“, schreit er. Das Publikum tobt.
Coverdale, der Boss, hat seine Band mit glänzenden Musikern besetzt. Tommy Aldridge hat wie Bassist Marco Mendoza bei Thin Lizzy gespielt. Die beiden sind pure Energiebündel. Bei seinem Solo ist Aldridge kaum zu bremsen. Mittendrin wirft er die Stöcke ins Publikum und bearbeitet die Trommeln und Becken fortan mit Händen und Fäusten. Mendoza trägt ein breites Stirnband und wie die anderen auch eine Weste auf nackter Haut. Das Bein auf dem Monitor, die Gitarren hochgestreckt wie Schwerter, umrahmen Mendoza, Reb Beach und Doug Aldrich Coverdale wie die Letzten der Tafelrunde. Gestik gehört einfach dazu.
Bei der Wahl von Aldrich als Hauptgitarristen hat Coverdale mal wieder das richtige Gespür gezeigt. Mit seinem Les-Paul-Sound und seinem Bluesgefühl erfüllt der Ex-Dio-Gitarrist genau die Erwartungen der Whitesnake-Fans. Links auf der Bühne steht Reb Beach, Ex-Winger und noch bei Dokken unter Vertrag, und wirkt die ersten 40 Minuten unterbeschäftigt, geradezu leidenschaftslos. Erst bei „Give Me All Your Love“ darf der Paganini unter den Stunt-Gitarristen einmal aufblitzen lassen, was er kann. Richard Earl „Reb“ Beach ist ein Profi und als Studio-Gitarrist gefragt von Leuten wie Eric Clapton, Bob Dylan, Chaka Kahn bis Howard Jones. Auch bei Whitesnake weiß er, wo sein Platz ist. Doch Coverdale sollte ihn endlich von der Kette nehmen.