Mit dem KA MA Quartett aus Osnabrück und Jin Jim aus Köln/Bonn präsentierte Manuel Banha zwei Fusion-Projekte in der Bonner Harmonie, die unterschiedliche Ansätze verfolgen.
Von Dylan Cem Akalin
Luftig, kräftig, verspielt, ein wenig sogar geistesabwesend tänzerisch ist „Mankafiza“, das gestenreich von den Drums unterstützt wird. Mit diesem Stück, das malagasisch für „Genieße es“ steht, eröffnet Jin Jim ihr Konzert in der Harmonie Bonn. Ein gutes Vorspiel zur einzigen Fremdkomposition des Abends, dem alten Focus-Klassiker „House of the King“, dem das Quartett das Tempo genommen hat. Der Ton der Querflöte flattert, die Gitarre schafft hellglöckchenartige Strukturen des Psycho-Rock über schnelle gestrichene Bassthemen. Gegen Ende kommt der Bass nochmal heftig aus sich heraus und jagt die Gitarre vor sich her.
Jin Jim – das sind der einfallsreiche Querflötist Daniel Manrique-Smith, der feinsinnige wie vielseitige Gitarrist Johann May, der konzentrierte und originelle Bassist Ben Tai Trawinski sowie der geistreiche und künstlerisch empathische Drummer Nico Stallmann. Die Musiker haben sich in einer Reihe auf der Bühne aufgebaut. Das Schlagwerk steht nicht wie bei den meisten Bands im Hintergrund. Nein, hier stehen vier ebenbürtige Musiker, deren Musik auf Zusammenspiel, Dialog und Austausch basiert. Das sind Passagen in diesem Konzert, wo sich die Musiker auf derart schmalem Grat bewegen, dass der eng begrenzte Raum zwischen ihnen zu flackern scheint.
25 Minuten-Version von „Die Ankunft des Kaisers“
Gerade bei der gut 25 Minuten-Version von „Die Ankunft des Kaisers“ gibt es viele solcher Momente. Die Komposition von Drummer Nico Stallmann nimmt die Stärken der Einzelnen auf. Manrique-Smith spielt ein fünf-minütiges Solointro, in das er zugleich irre Vocal Percussions einbaut – Bassdonner inklusive. Nach einem Scat-Gesang, der aus ähnlich gehämmerten, rhythmisch aneinandergereihten Silbenfolgen besteht wie bei John McLaughlins Shakti, kommt es zu einer Explosion aller Instrumente, aus dem sich der Bass mit Flageolette-Tönen abhebt und die Gitarre schließlich mit viel Hall im Sound davonsegelt. Daniel Manrique-Smith zeigt dabei, wie vielfältig er seine Querflöten einsetzen kann und mal Bach’sche Orgelsequenzen, dann wieder panflötenartige Tonreihen spielt.
In „Day of September“ verknüpft die Band orientalische Moods mit Folk- und Barockstimmungen. Mit „Kreise“ hören wir ein Stück, das bisher noch gar nicht veröffentlicht wurde und bei dem die Perkussionlegende Nippy Noya mitspielte. Sehr rhythmisch, ein wenig Santana, ein wenig Focus, ein schöner Spaß.
KA MA Quartett spielt John Coltrane
Nippy Noya begleitete indes vor allem das KA MA Quartett der Saxofonistin Katharina Maschmeyer. Der 73-Jährige, der in seiner langen Karriere schon mit Musikern wie John McLaughlin, Jan Akkerman, Volker Kriegel, Stan Getz, Eric Burdon, Billy Cobham und vielen anderen kollaborierte, spielte zunächst als Gast bei diesem Quartett aus Osnabrück und gehört mittlerweile zur festen Live-Besetzung der Band, die sich mit ihrem Stilmix aus Modern Jazz, Funk und Rock schon einen Namen in Deutschland gemacht hat. Die Musiker der beiden Bands dieses Abends kennen sich übrigens aus dem Studium.
Mit „Open Roads“ präsentieren sich Maschmeyer und Gitarrist Nils Pollheide gleich als Solisten, nachdem Lars Duppler ein sehr kompaktes Pianointro vorlegte. Das zweite Stück („Brain World“) geht ein wenig in Richtung Doldinger`s Passport. Bei „Universal Tone“ gibt sich die Band ein wenig freier. Maschmeyers Sopransax klingt zu Beginn fast so voluminös wie eine Trompete. Pollheide schwankt zwischen Santana, Allan Holdsworth und John McLaughlin. Jens Otto spielt ein intensives Schlagzeug, und Pollheide wechselt an diesem Abend auch schon mal auf die Position des Bassisten. Ziemlich ungewöhnlich.
Interpretation von „A Love Supreme“
Hauptteil ihres Konzertes indes besteht aus zwei Teilen von John Coltranes Suite „A Love Supreme“, bei dem der Gitarrist vollends seine Liebe zu McLaughlin ausspielt, hat aber nicht ganz dessen aggressiven und schnellen Anschlag. Insgesamt indes will der Funke nicht ganz überspringen. Die Band spielt dafür zu sehr mit angezogener Handbremse. Gerade bei einer Interpretation von Coltranes visionärer Komposition darf mehr Risikobereitschaft, mehr Experiment und wesentlich mehr Ausdruck erwartet werden.
Dennoch ein gutes Konzert. Die Zuschauer forderten dann zu recht noch eine Zugabe heraus. Und bekamen „Intergalactica“ zu hören.