Ein Hochamt des Hard Rock: Die Foo Fighters in der Lanxess Arena

Die Foo Fighters mit Dave Grohl am 6. November 2015 in der Kölner Lanxess Arena. ©Phyllis Akalin

Von Cem Akalin

Dave Grohls Spezialsitz hat etwas vom Eisernen Thron des „Königs der Andalen und der ersten Menschen“ aus der TV-Serie „Game of Thrones“. Nur dass er nicht aus tausend Schwertern geschmiedet wurde, sondern von Bühnentechniker Dan. Und es ragen keine martialischen Hiebwaffen aus dem Sessel, sondern Gitarrenhälse. Scheinwerfer umrahmen den König des Hardrocks wie ein Heiligenschein.

Die Foo Fighters mit Dave Grohl am 6. November 2015 in der Kölner Lanxess Arena. ©Phyllis Akalin
Die Foo Fighters mit Dave Grohl am 6. November 2015 in der Kölner Lanxess Arena. ©Phyllis Akalin

Der Sänger, Gitarrist und Kopf der Foo Fighters trägt nach seinem Beinbruch im Juni immer noch eine Schiene. Doch das hält ihn nicht davon ab, so viel Energie zu versprühen als stünde er unter Starkstrom, seine Gitarre zu malträtieren und die langen Haare dazu wild zu schütteln als wär’s der letzte Auftritt. Zweieinhalb Stunden lang beglückten die Foo Fighters am Freitagabend die Rockgemeinde in der bis unters Dach ausverkauften Kölner Lanxess Arena. Sogar die Plätze schräg hinter der Bühne waren belegt. Von der ersten Sekunde an feierten 15.000 Fans ein rauschendes Fest, das bisweilen schon fast einer Rockmesse glich. Nur andächtig wurde es eher selten.

Eine gewisse Symbolkraft ging von den stilisierten Kirchenfenstern auf der Leinwand zu „Congregation“ aus, auch wenn damit eher an die Bruderschaft der Country-Szene in Nashville hingewiesen werden sollte, von der der Song handelt. Die soll sich nämlich in Kirchen getroffen haben. Dennoch: Die strahlend weiß umrahmten Bilder des charismatischen Frontmanns, der oft in tiefes Blau gehüllte Thron – das alles mag Zufall gewesen sein, doch für die Fans der Rockband sind die Foo Fighters im Auftrag des Herrn unterwegs, und sie verkünden das Wort des Rock ‚n‘ Roll.

Die Foo Fighters mit Dave Grohl am 6. November 2015 in der Kölner Lanxess Arena. ©Phyllis Akalin
Die Foo Fighters mit Dave Grohl am 6. November 2015 in der Kölner Lanxess Arena. ©Phyllis Akalin

Und das tut Dave Grohl mit jeder Faser seines Körpers. Der Schweiß tropft ihm schon nach wenigen Minuten aus allen Poren. Der 46-jährige frühere Nirvana-Drummer hat sich etwas bewahrt, was viele Rockstars irgendwann auf dem Weg zum Ruhm einbüßen: das kindliche Staunen, die aufrichtige Lust am Spiel, die Kraft des Wunderns. Die Freude, wenn ihm seine Songs aus 15.000 Kehlen entgegenschmettern, ist ihm immer noch ins Gesicht geschrieben. Und genau dieser unverdorbene harte und dennoch melodiöse und das Zentrum des Herzens erreichende Rock ist das Geheimnis dieser Band.

Spätestens seit seinem unglücklichen Sturz von der Bühne während eines Konzertes im schwedischen Göteborg gilt er als die „coolste Katze“ im Rockbusiness. Trotz eines komplizierten Bruchs setzte er sein Konzert nach einer kurzen Unterbrechung und ersten Versorgung seines Beins fort. Etliche Konzerte mussten im Anschluss abgesagt werden. Ihre aktuelle Europatour nennen die Foo Fighters kurzerhand „Break A Leg“-Tour. Die T-Shirts mit Röntgenbild oder Gipsbein-Motiv gehen prächtig. Und Dave Grohl hat seinen Anspruch auf den Rock-Thron wieder mal überzeugend verteidigt.

Die Foo Fighters mit Dave Grohl am 6. November 2015 in der Kölner Lanxess Arena. ©Phyllis Akalin
Die Foo Fighters mit Dave Grohl am 6. November 2015 in der Kölner Lanxess Arena. ©Phyllis Akalin

Kurz nach halb neun gehen die Lichter aus, ein Vorhang mit dem großen FF-Emblem verhüllt noch die Bühne, als aus dem Off Grohls Stimme aus den Lautsprechern dröhnt: „Are you fucking ready to Rock ‚n‘ Roll?”

Mit einer recht harten Version von „Everlong“ läuten die Foo Fighters ihr Hochamt ein. Im Nu bildet sich vor der Bühne ein Moshpit. Dann leitet die absteigende Gitarrenlinie „Monkey Wrench“ ein, seine wütende Auseinandersetzung mit dem Zerfall seiner ersten Ehe mit der Fotografin Jennifer Youngblood, um dann überzuleiten zum geradezu euphorischen „Learn to Fly“. Es gibt sicherlich nicht viele Rockbands, die sich einen Schlagzeuger mit pinkfarbenem Drumset erlauben können. Die Foo Fighters schon. Es ist auch eine Art, sich und den ganzen Rockzirkus nicht ganz so ernst zu nehmen. Ein kitschiges Porträt von Eagles-Drummer Don Henley prangt von der Bassdrum, und Taylor Hawkins sitzt wieder mit übergroßen Sportshorts am Schlagzeug, singt ein Rockmedley, und am Ende stimmt die Truppe noch Pink Floyds „In The Flesh?“ an – Trockeneisnebel und Lasershow inklusive. Eine Reverenz an Eddie Van Halen gibt es von Gitarrist Chris Shiflett auch noch mit einer kurzen Darbietung von „Eruption“. Ansonsten ist klar, wer der Bulle im Ring ist: Dave Grohl.

Die Foo Fighters mit Dave Grohl am 6. November 2015 in der Kölner Lanxess Arena. ©Phyllis Akalin
Die Foo Fighters mit Dave Grohl am 6. November 2015 in der Kölner Lanxess Arena. ©Phyllis Akalin

Es hatte etwas von einem Best-Of-Abend, an dem Songs wie „The Pretender“, „Big Me“, „My Hero“ oder „These Days“ gespielt wurden. Und tatsächlich: Grohl kündigt eine sehr lange Pause von den Live-Bühnen an. Man wolle sich Ruhe gönnen, ein neues Album aufnehmen – aber dann wieder auf Tour gehen, verspricht er. Also keine Foo Fighters in der Sommerfestivalsaison 2016! Schade. Diese Band ist eine Sensation. Sie nehmen jeden im Publikum mit, und zum Schluss hatte jeder das Gefühl, Grohl würde sich persönlich bei ihm verabschieden.