Walter Trout „Survivor Blues“ – ein musikalischer Blick zurück aufs Leben

Walter Trout „Survivor Blues“
Erscheinungsdatum: 24. Januar 2019
Label: Mascot Label Group (Rough Trade)

Eine Gitarre zwischen David Gilmour und Joe Bonamassa. Wie ein Aufschrei. Der Start ins neue Album klingt wie ein Weckruf. Jimmy Dawkins‘ „Me, My Guitar And The Blues” ist ein hervorragender Opener. Jedenfalls mit Walter Trouts sagenhaft erfrischender Gitarre. Der Song selbst bringt indes wenig Überraschendes. Das gilt auch für Sunnyland Slims „Be Careful How You Vote”. Trout präsentiert auf seinem neuen Album Blues- und Bluesrock-Stücke, die, so meint er, leider in Vergessenheit geraten seien.

Von Dylan Cem Akalin

Und es sind insbesondere Walter Trouts neuen Arrangements und vor allem seine ungemein feurige und lebensbejahende, virtuose Gitarre, die begeistern. Luther Johnsons Song „Woman Don’t Lie”, von dem es übrigens auch eine fantastische Version von Albert Castiglia gibt, ist einer der Highlights auf dem Album, mit dem hervorragenden Gesang von Sugarray Rayford.

„Sadie” (Original von Hound Dog Taylor) hat seinen ursprünglichen Bluescharakter behalten, klingt bisweilen aber wie ein Frühwerk der Rolling Stones. „Please Love Me“ ist ein B.B.King-Song von 1953 und so voller ironischem Blues-Herzschmelz, dass es eine reine Freude ist. Ich liebe Zeilen wie „Gonna buy a Cadillac car, baby, drive me whereever you are“. Bluesklischees müssen einfach sein!

„Nature’s Disappearing”

Was ich besonders klasse finde: Trout hat ein Stück seines Freundes und Mentors John Mayall auf dem Album, eine Neuinterpretation von „Nature’s Disappearing” von dessen 1970 erschienenem Album „USA Union”. Eine ziemlich lässige, dahinschwebende Ausführung, die durch genau diese zurückhaltende fast funkige Spannung zu einem Juwel auf der Platte wird. Sein Solo mit einem Gitarrensound, der wie aus einer fernen Ecke einer Halle herüberweht, will man immer und immer wieder hören.

Mit seinem Originalsong „Red Sun“ beweist Trout mal wieder seine Qualitäten als Songwriter. Der Song ist so hymnisch, so rockig und hat so eine Tiefenschärfe, dass er unbedingt auf seine Live-Setlist gehört. Die Lyrics mögen von Michael Franks‘ „Feathers From An Angel’s Wings“ inspiriert worden sein, sind aber dennoch stark.

Von Robby Krieger begleitet

„Something Inside Of Me“ hat was von Joe Bonamassa, „It Takes Time“ eine klassische Rock ‚n‘ Roll-Grundstimmung, die man schon oft gehört hat und hervorsehbar. Bei „Out Of Bad Luck“ geht es dem Zuhörer nicht anders. Auf Mississippi Fred McDowells „Goin’ Down To The River” wird Trout von Robby Krieger („The Doors“) begleitet in dessen Studio in Los Angeles das Album aufgenommen wurde. Das Album schließt mit einer eindringlichen Version von J.B. Lenoirs „God’s Word“. Geile Gitarre, irgendwo zwischen John Lee Hooker und Stones.

Walter Trout FOTO: Austin Hargave

Walter Trout war in den letzten Jahrzehnten ein produktiver Künstler. Jetzt mal ein ein Cover-Album aufzunehmen, ist vielleicht nicht allzu überraschend. Der Mann hat unter anderem mit John Lee Hooker, bei Canned Heat und in John Mayalls Band gespielt, bevor er ab 1990 unter eigenem Namen mehr als zwanzig Platten veröffentlichte und unermüdlich tourte.

Sein All-Star-Release von 2017 „We’re All in This Together” zeigte keine Anzeichen für ein künstlerischen Ausbrennen und wurde vom Billboard Magazine als Blues-Rock-Album des Jahres ausgezeichnet. „Ich habe großen Respekt vor Musikern wie Neil Young oder Bob Dylan, die sich weit aus dem Fenster lehnen und dabei immer wieder mit Überraschungen aufwarten”, sagt Walter Trout. „Bei ihnen weiß man nie so genau, womit sie als nächstes um die Ecke kommen.”

So gesehen ist die Tracklisting von „Survivor Blues“ wie eine Art Hintergrundgeschichte des 67-Jährigen, die eine Karriere von fünf Jahrzehnten dokumentiert, deren einzige Konstante seine tiefe Liebe zu den Blues ist.

Und es ist ein weiterer Mittelfinger, der Trout dem Tod entgegenstreckt: 2014 sah Trout dem Tod ins Auge. Er wurde mit einer unheilbaren Lebererkrankung in eine Spezialklinik in Nebraska eingeliefert, wo ihm eine Organtransplantation das Leben rettete. Weil er nicht ausreichend krankenversichert war, musste die Operation mit einer groß angelegten Spendenaktion finanziert werden. Dass dies gelang, erfüllt den Musiker seinen eigenen Worten zufolge bis heute mit unendlicher Dankbarkeit. „Jetzt bin ich in der Lage, so gut zu spielen wie seit Jahren nicht“, gab er gleich nach seiner Rekonvaleszenz zu Protokoll, „ich fühle mich wie neu geboren und kann es kaum erwarten, wieder unterwegs zu sein.“ Und das tut er. Hier die Tourdaten:

Rockin‘ the Blues Festval 2019 mit Walter Trout, Jonny Lang & Kris Barras:

23.05.19: Berlin, Huxleys Neue Welt
25.05.19: Köln, Carlswerk Victoria
29.05.19: München, Backstage Werk
30.05.19: Frankfurt, Batschkapp
02.06.19: Hamburg, Markthalle

In the US:

2/01 Kansas City, MO Knucklehead’s
2/02 Des Moines, IA Winter Blues Fest
2/05 New York, NY Sony Hall
2/07 Washington, DC The Hamilton
2/08 Hartford, CT Infinity Music Hall
2/09 Newton, NJ The Newton Theatre
2/10 Beverly, MA The Cabot
2/12 Annapolis, MD Rams Head
2/16 Playa Potrero Guanacaste, Costa Rica Costa Rica Blues Festival
2/19 Richmond, VA Tin Pan
2/23 Boca Raton, FL The Funky Biscuit
2/24 Boca Raton, FL The Funky Biscuit
2/25 Tampa, FL (Through 3/01) Keeping The Blues Alive at Sea