Die Jazzkantine rockt das Haus – in unterkühlter Atmosphäre im Telekom Forum. Dennoch: Partylaune beim Jazzfest Bonn.
Von Dylan Cem Akalin
Rapper Cappuccino aka Captain Cappu ist von Anfang an dabei, Bassist Christian Eitner aka Grandmaster Chriz sowieso, denn er ist einer der Initiatoren des Crossover-Musikprojekts Jazzkantine, und auch Gitarrist Tom Bennecke aka aTOMic Bee gehört zur Ursuppe der Formation, die Rap, Funk, Soul und Jazz in ihrer Großküche zu einem scharfen Feuertopf zusammenbraut. Beim Eröffnungskonzert des Jazzfest Bonn stand ihrem Konzept eigentlich nur eins im Weg – die sterile Atmosphäre im Telekom Forum und das starre Festhalten der Organisatoren an der Bestuhlung der Halle. Und so blieb den gut 1100 Fans nichts anderes übrig, als auf ihren Sitzen zu wippen. Eine ganze Reihe von Leuten trauten sich immerhin, die Plätze zu verlassen und an der Seite zu tanzen.
Mit einer fetzigen Verbeugung vor James Brown startet die zehnköpfige Band ihr Konzert: Und bei „I Know You Got Soul“ zeigt Heiner Schmitz aka Smith the Cat erstmals seine Klasse als ideenreicher Solist. Ein paar Stücke weiter beweist er es abermals bei einem Stück, bei dem er lediglich von Schlagzeug und Bass begleitet insbesondere John Coltrane huldigt, dessen Thema von „A Love Supreme“ er zitiert – der jazzige Höhepunkt des Abends.
Tolles Solo von Tom Bennecke
Mit „Pusher Girl“ aus ihrem aktuellen Album „Old School“ glänzte Sängerin Nora Becker aka Kinga Lizz mit souligen Gesang, der vor allem von einer Wah-Wah-funkigen Bluesgitarre unterlegt wurde. Nicht nur aktuelle Stücke hat die Jazzkantine auf der Setlist: Das coole „Immer Langsam“ ist vom 2013er Album „Ultrahocherhitzt“, und Cappuccino widmet es allen, die „Teelichter im Schlafzimmer haben und am liebsten ihren Facebook-Account löschen würden, sich aber nicht trauen“. Bennecke begleitet ihn auf seiner metallicgrünen Rockinger Stratocaster mit einer gefühlvollen Bluesgitarre, die mit unglaublich seidigem Sound und schwärmerischem Spiel unter die Haut geht.
Den Brubeck-Klassiker „Take Five“ hat die Truppe ebenso seit Anfang an auf dem Programm wie „Es ist Jazz“ (1994): „Take Five“ kommt diesmal wie eine Shaft-Nummer aus den 70er Jahren rüber: sehr discosoulig. Eher was für die „Stunksitzung“ ist vielleicht die Einlage von „Dr. Osman“ alias Tachion aka T-Rex als türkischer Organdieb. Er macht es dann aber gleich mit der nächsten Nummer wett, als er unter dem Kittel ein Glitzerjackett hervor reißt und einen Rap-Funk-Klassiker von Grandmaster Flash & The Furious Five präsentiert.
„Respekt“, „555555“, erneut mit wahnsinnigem Gitarrensolo auf der Vollresonanzgitarre, „Delirium“ mit einfühlsamem Solo von Christian Winninghoff aka Win C Jones auf dem Flügelhorn gehören ebenso zum Repertoire des Abends wie eine explosive Interpretation und Mischung aus „Brick House“ von den Commodores und „Sexmachine“ von James Brown. Insgesamt: Partylaune beim Jazzfest!