Till Brönner spielt in der Philharmonie Köln – natürlich vor ausverkauftem Haus.
Von Cem Akalin
Natürlich sind die Zeiten des Jazz vorbei, als Musiker wie Charlie Parker, Chet Baker oder Lester Young in abgewetzten Anzügen um ihr Leben spielten. Das Genre hat es längst auf die Titel von Hochglanzmagazinen und in die etablierten Konzertsäle geschafft. Das tut der Musik keinen Abbruch. Im Gegenteil. Die drogen-fiebrige Rebellion des Jazz ist einem intelligent-wütenden Sound gewichen, den kritisch-kreative Geister wie Kamasi Washington durchaus neu zu definieren wissen. Davon ist bei Till Brönner freilich nichts zu hören. Der erfolgreichste Jazz-Musiker Deutschlands mit der exzellenten Phrasierung füllt mühelos die Kölner Philharmonie, der Mann wird so geliebt, dass der Veranstalter wegen der enormen Nachfrage ein Zusatzkonzert am 20. März 2017, (21 Uhr) anbietet.
Mark Wyand (Saxofon), Jasper Soffers (Pianos), Jan Miserre (Keyboards), Bruno Müller (Gitarre), Christian von Kaphengst (Bass) und David Haynes (Schlagzeug) eröffnen den Abend mit einem lässigen Groove über der Filmmusik „Die drei Tage des Condor“. Erst wenige Takte später betritt Brönner in hautengen schwarzen Jeans, Sakko und weißem, lässig geöffnetem Hemd die Bühne. Man versteht schon, dass er mal als Model gearbeitet hat. Keine Frage, Brönner ist ein professioneller Showman.
Die Truppe ist glänzend eingespielt, zieht die Entspanntheit des Eröffnungsstücks nicht nur in das Wes-Montgomery-Instrumental „Bumpin’“ rüber. Irgendwie ist alles mit diesem Easy-Listening-Fusion-Sound der späten 70er, frühen 80er Jahre versehen. Synthetische Strings, viel WahWah-Gitarre, Echo auf den Instrumenten und alles sehr sehr „smooth“. Die Showästhetik ist an diesem Abend die Regisseurin: Das Bühnenbild, der Klang, das Programm ist fast ein wenig zu glatt. Brönner geht es mehr um die Leichtigkeit des Seins.
Und der Bandleader zeigt sich gut aufgelegt, sowohl auf der Trompete als auch auf dem Flügelhorn. „The Good Life“ heißt sein aktuelles Album, aber im Repertoire finden sich nur wenige Stücke. Warum der Titel in Klammern steht, fragt man sich allerdings schon. Vielleicht will sich der Musiker nicht festlegen? Das macht es mir auch so schwer, an Brönners Musik ranzukommen. Er erreicht mich nicht.
Dabei kann er auch anders, wie er vor allem live vielfach bewiesen hat. Aber da scheint etwas zu sein, was den sympathischen gebürtigen Wachtberger zurückhält. Er kommt einem vor, wie einer, der geliebt werden, der es allen recht machen will. Dabei hat Brönner sagenhaftes Potenzial. Und er zeigt es ja auch, mit welcher Zwanglosigkeit er seine Soli spielt, mit welcher Finesse er die Parts der Solisten verknüpft. Das ist das eigentlich Meisterhafte des Abends. Auch wie er sich zurücknehmen kann als Bandleader. Wyand lässt er viel Raum zur Entfaltung, die Höhepunkte des Abends sind die Duelle, die sie sich liefern.
Brillant indes war vor allem einer: Haynes spielt mit einer Sensibilität, die Elvin Jones begeistert hätte. Kein Schlag zu viel, jeder hat Bedeutung. Respekt!