Mythenreich, chillig, bisweilen düster: Ellen Andrea Wang zeigt uns ihre Welt

Ellen Andrea Wang (c) WPR Schnabel

Was erwartet uns mit Ellen Andrea Wang am letzten Abend des Jazzfest Bonn 2017? Im vergangenen Jahr noch erlebten wir sie eher lässig beim Beethovenfest Bonn, wo sie Manu Katché begleitete. Diesmal steht sie mit ihrer eigenen Band auf der Bühne, und sie selbst im Mittelpunkt. Die Kontrabassistin singt! Und mit „Heartbeat“ eröffnet sie das Konzert geradezu an die 80er Jahre erinnernd poppig. Was dann folgte, war eine entrückte musikalische Reise ins mythenreiche Norwegen. Jazz? Ja, auch.

Von Dylan Cem Akalin

Ellen Andrea Wang (c) WPR Schnabel

Was Ellen Andrea Wang mit Jon Balke (Klavier, Keyboards) und Erland Dahlen (Drums) präsentierte, war ein genreübergreifendes Stück Unterhaltung. Bisweilen ist ihre Musik Jazz, ohne Frage, aber auch rockorientiert, oft geht es in Richtung Singer/Songwriter und sogar Folk. „Air“, eines der letzten Stücke, könnte gut als Soundtrack dienen mit seinem sphärischen Keyboardintro und ihrem sehr melodischen Basssolo.

Ihr klarer, leuchtender Gesang liegt im Stimmungsfeld zwischen der Joni Mitchell aus ihrer Phase von „The Hissing of Summer Lawns“, Rickie Lee Jones, Alanis Morissette und den Söderberg-Schwestern von First Aid Kit. Alles klar? Und mit dieser Stimme entführt uns Wang in ihre sehr persönliche Fantasiewelt oder lässt uns teilhaben an ihren Erinnerungen, etwa ihre Kindheit am Fjord. „Fjord-Ferry“ beginnt mit zarten vom Piano gespielten Arpeggien, so flüchtig, wie die Reflexionen der Sonne auf einer Wasseroberfläche – ein launiges und kontemplatives Stück mit einer ätherischen Melodie und hymnischen Vocals.

Ellen Andrea Wang (c) WPR Schnabel

„Sacred“ ist ein melancholischer Folksong, die grazile Stimme wird nur ganz sacht vom Klavier begleitet, dazu bedient Dahlen neben seinem Schlagwerk diverse Glocken und Schellen, als entstünde der Song in einem indonesischen Tempel, der in einem Schiff durch die kalte, neblige See bei Norwegen gleitet. Sein verrückt-sensibles Rhythmusspiel lebt Dahlen bei „High Five“ nochmal richtig aus, was ihm enthusiastischen Applaus bringt.

Die von einem Vocoder verzerrten Vocals auf „Holding On“ ließ das Publikum in einige düstere Welten tauchen. Sehr chillig, sehr modern, nicht in einem Genre ruhend. Ruhig geht es auch bei „Perfect Danger“ zu. Die 30-jährige Musikerin, die auch eine ganze Weile Mitglied der Indie-Jazz-Band „Pixel“ war, hat noch viel zu erzählen.