Mehr als 9000 Fans feiern Party mit Jan Delay und Cro

Jan Delay auf dem Kunst!Rasen Bonn. FOTO: Horst Müller

BONN. Um es gleich vorweg zu sagen: Udo Lindenberg kam nicht – auch wenn sich das Gerücht bis zuletzt eisern hielt, der Panik-Rocker aus Hamburg würde als Überraschungsgast Jan Delay auf der Bühne unterstützen. Aber mal ehrlich: Hat ihn am Samstag wirklich irgendjemand vermisst? Die rund 9000 Fans auf dem Kunst!Rasen sicherlich nicht. Die feierten eine einzige große Party – vier Stunden lang.

Den Auftakt machte die Bonner Earth, Wind & Fire-Coverband Boogie Wonder Stars. Die Truppe  ließ die Discozeit der 70er aufleben, und das mit so viel Spaß und Groove, dass selbst Jan Delay später anerkennend um Applaus für die Bonner bat.

Vor allem die Jüngeren warteten auf ihn: Cro, der seine Musik aus Rap- und Pop-Musik „Raop“ nennt, eroberte erst die Videoplattform YouTube (mehr als 21 Millionen Zugriffe), dann die Charts, und das wie aus dem Nichts. Seine Single „Easy“ wurde gerade mit einer Goldenen Schallplatte ausgezeichnet.

Die Spargelbeine in Röhrenjeans, weiße Turnschuhe, Schlabbershirt mit Koyote-Cartoon, Käppi unter der Panda-Maske: Der Mann zeigte, wo seine Stärken liegen. Nämlich in einem sehr entspannten Rap-Pop, bei dem es sich dennoch herrlich tanzen lässt. Tausende von wippenden Armen, die Fans singen mit bei „Easy“, „Kein Benz“ und anderen Songs, die es bislang entweder kostenlos zum Downloaden oder nur auf YouTube gibt. Das ändert sich am 6. Juli: Dann kommt Cros erstes Album raus. Wer Cro am Samstag in Bonn erleben durfte, hat Glück: Seine Tour im Oktober ist längst ausverkauft.

Dennoch: Jan Delay & Disko No.1 machten gleich von Anfang an klar, wer der Chef im Ring ist: Er startet mit „Türlich Türlich“ – und „(ho) was gehn die Leute ab“. Das Original von Cameo „Word Up!“ ist ja schon ein echtes Feuerwerk, doch Jan Delay macht der Discoklassiker zu seiner eigenen Hymne.

Und dann seine Big Band! Eine Truppe, mit einem unglaublichen Drive, einer begnadeten Dynamik, die ihrem Frontmann genau den musikalischen Druck bietet, damit der auf der Bühne wirbeln kann wie ein losgelassener Orkan. Die Jungs im dunklen Smoking, die wunderbaren Background-Sängerinnen Esther Cowens, Ngoné Thiam & Myra Maud in glitzernden Diskoroben. Jan Delay, natürlich mit Hut, trägt einen schwarzen Anzug mit einem hellen Seitenstreifen, weißes Hemd und Krawatte – er ist eine Stilikone, der Zeremonienmeister – und eine echte Rampensau, der es schafft, auch die Zuschauer in der letzten Reihe zu begeistern.

Der 35-Jährige mischt Hip Hop, Reggae und Funk zu einer universalen Musiksprache, die alle eint – den Althippie mit der langen weißen Mähne, die erfolgreiche Unternehmerin mit der Prada-Sonnenbrille, die 16-Jährige mit den knallroten Haaren und den Piercings im Gesicht, den Papi mit dem Bierbauch und seinen zwei Kids. Alle tanzen, springen, lachen, singen. Die Menschenmasse auf dem Kunst!Rasen schwebt vor Glück.

Bei „Freeze“ erstarren 9.000 mitten im Tanz, als die Musik für einen Augenblick stoppt. Sie drehen sich und springen, sie sind eins. Egal, ob Delay „Backstreet Boys“ anstimmt, „Kartoffel“, „Large“ oder vor seiner Zugabe „Oh Johnny“, die Show ist perfekt, dazu eine wunderbare Lightshow, die bei den langen Sommertagen leider nicht so ihre Wirkungskraft entfalten kann, wie bei Nacht. Die Show hatte vielleicht nur ein Manko: Um 22 Uhr war alles vorbei! (Cem Akalin)

 

Die nächsten Gäste beim Kunst!Rasen 2012:

Mittwoch, 4. Juli, 19 Uhr: Bob Dylan.
Donnerstag, 5. Juli, 19 Uhr: Sunrise Avenue.
Montag, 9. Juli, 19 Uhr: Patti Smith.