Von Cem Akalin
Musik stellte sich Jimi Hendrix wie die Wellen des Ozeans vor. „Eine perfekte Welle kannst du auch nicht ausschneiden und mit nach Hause nehmen“, pflegte die Gitarrenlegende zu sagen. Genau so sollte also ein Musikerlebnis sein: ein Strom von nachhaltigen Eindrücken – eben wie der Abend von John McLaughlin und seines Projekts Remember Shakti in der ausverkauften Kölner Philharmonie.
Der britische Gitarrenguru kommt in weiten weißen Hosen, braun-goldenem indischen Hemd, die Schlappen streift er vor dem Podest ab, nimmt den schwarzen Schal von den Schultern und legt ihn über die gekreuzten Beine. Der 71-Jährige mit dem silbernen Haar wird begleitet von seinem langjährigen Freund und einzigem Mitglied der Urtruppe, Zakir Hussain, ein Meister an den Tablas. Diese Vereinigung des westlichen Jazz, der Blues- und Rockriffs mit der nord- und südindischen klassischen Musik ist extrem auf Kommunikation ausgerichtet, diese Perfektion der rhythmischen Dialoge, die sie mit Shankar Mahadevan (Gesang), Vinayakram Selvaganesh (Percussions) und Uppalapu Shrinivas (Mandoline) führen, ist geradezu fesselnd. Sie rufen sich zu oder gestikulieren anerkennend mit den Händen, McLaughlin fühlt sich sichtlich wohl im Kreise seiner indischen Freunde, die mit seiner schier grenzenlosen Kreativität und atemberaubenden Virtuosität so locker mithalten können.
Der Brite war schon immer ein Musiker, der die Grenzen austestete. Und diese Maschinengewehrfeuer, die seine Läufe über den Gitarrenhals erzeugen, haben Musiker von Ray Ellington, bei dem er in den 50er Jahren spielte, über Miles Davis, Jimmy Page bis Frank Zappa fasziniert. Nachdem er in den 60er Jahren den Jazz revolutionierte, den Rock und den Blues von Grund auf erneuerte, wandte er sich als erster aus der Jazzfamilie der sogenannten Weltmusik zu. Vor etwa 40 Jahren formte er, eben mit Hussain und L.Shankar Shakti, Kompositionen wie „La Danse Du Bonheur“ oder „Bridge Of Sighs“, die er unter anderem an diesem Abend spielte. Sie sind schon so was wie Klassiker.
Der Scat-Gesang, gehämmerte, rhythmisch und melodisch aneinandergereihte Silbenfolgen, die sich synchron auf Trommelwirbel oder Mandolinen- und Gitarrenläufe legen, ist abenteuerlich. Er wechselt sich ab mit sphärischen sanften orientalischem Belcanto. McLaughlins Spiel ist die Essenz eines Künstlers, der alle Inspirationsquellen transformiert hat.
Aus ihm spricht eine eigene Sprache, die er über Jahrzehnte der musikalischen Begegnungen geformt hat: von Coltrane und Davis über Alexis Corner und Muddy Waters, Graham Bond und Carlos Santana, Tony Williams und viele andere. Er teilt sein musikalisches Innerstes mit dem Publikum, das es ihm mit ausdauerndem Applaus dankt.