Ein Fest für Deep Purple-Fans. Purpendicular ist unter Freunden des klassischen Hardrocks längst keine reine Coverband mehr. Die immer wieder wechselnden Besetzungen sind so sensationell wie das musikalische Ergebnis. Wenn aber Ian Paice an den Drums sitzt, dann ist das Ganze eher eine Art Spin-off als Hommage der legendären Rockband. Am Montag gaben sie in der Harmonie Bonn ein erstklassiges Gastspiel.
Von Dylan Cem Akalin
Ja, natürlich gab es „Smoke on the Water“. Ohne dieses unsterbliche Powerchord-Motiv in Quarten kann es weder einen Deep-Purple-Gig geben noch kann sich eine Band von der Bühne trauen, die sich der Musik der Engländer verschrieben hat. Warum aber zum Teufel hat die Band am Montag nicht „Child In Time“ gespielt? Wenn es einen Song gibt, den Ian Gillan schon seit 2002 nicht mehr anstimmt, dann ist es dieser. Verständlich. Die hohen Töne bekommt Gillan eben nicht mehr hin – aber Robby Thomas Walsh schon. Das wissen wir. Die Enttäuschung ist also groß und wird nur durch den fantastischen Auftritt der Truppe wettgemacht.
Walsh hat etwas mehr Rotz in der Stimme als der Original DP-Sänger und klingt mitunter mehr nach Ozzy Osbourne als nach Ian Gillan. Aber genau das macht die Interpretation der Musik für mich umso reizvoller.
Sehr cool: An den Keyboards war der frühere Rainbow und Ritchie Blackmore-Begleiter Paul Morris dabei. Der 60-jährige Kalifornier ist ein Rocktier an der Orgel und ein versierter als auch feinfühliger Begleiter am Klavier, der praktisch auf Knopfdruck umschalten kann von Hardrock zu Klassik zu Jazz.
Der Stärkste im Bunde ist für mich der Mann an den schönen Caparison-Gitarren. Frank Pané (Bonfire, Dark Blue inc, AXEperience, Sainted Sinners) hat einen sensationellen Sound und wechselt zwischen den Stilen von Blackmore und Steve Morse. Zu „When a blind man cries“ startete er ein Gitarrenintro, das zunächst nach Pink Floyd klang, dann in Gary Moores „Still got the Blues for you“ mündete. „Mistreated“ leitet er mit psychedelisch-orientalischen Sounds ein, das Solo bei „Black Night“ gerät irgendwann zu einer Art Medley aus „Purple Haze“ (Jimi Hendrix), Sergio Leone-Soundtracks und Chicago-Blues.
Dafür sorgt Morris mit einer Mischung aus Kirchenorgel und „Take Five“ (Dave Brubeck) kurz für hoffnungsvolle Blicke, weil das Ganze wie ein Vorspiel zu „Child in Time“ anmutete, dann an „Lazy“ erinnerte, um am Schluss „Perfect Stranger“ zu werden. „Stormbringer“ daraus, gefolgt vom besten Beitrag des Abends: „Perfect Stranger“.
Ian Paice Solo
Der 1968er Hit „Hush“ bot die Grundlage für ein starkes Basssolo von Malte Frederik Burkert und auch eine Soloperformance von Ian Paice, der zu Recht zu den besten Rockdrummern gezählt wird. So lang wie auf „Made In Japan“ wurde es nicht, aber der Linkshänder versteht es auch mit 71 Jahren noch einen beispiellosen Sound und beeindruckende Wirbel aus seinem Pearl-Kit zu holen. Mit „Stormbringer“ verabschiedet sich die Band nach unterhaltsamen 99 Minuten von der Bühne.
Im Sommer 2020 kann man Deep Purple dann wieder im Original genießen, wenn sie auf Tour sind, unter anderem am 10. Juli 2020 auf dem KunstRasen Bonn.