Flying Circus ist mit „1968“ ein kleines Kunststück gelungen

Flying Circus FOTO: Bandpromo

Flying Circus ist ein kleines Kunststück gelungen. Ihr Album widmet sich sowohl musikalisch als auch inhaltlich dem Jahr des Umbruchs. Mehr als andere Jahre hat 1968 seine Spuren in der Gesellschaft hinterlassen und wurde damit zum Synonym für eine ganze Generation, die das politische, wirtschaftliche und kulturelle Selbstverständnis der Nachkriegszeit geprägt hat. Aber die Band aus Köln und Düsseldorf tut das auf sehr moderne Art und Weise, auch wenn sie geschickt viele musikalische Zitate einbaut. Eine Empfehlung für Freunde des anspruchsvollen Rock und Progressive Rock.

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Von Dylan Cem Akalin

Um diesen Sound zu erzeugen, den Flying Circus auf 1968 haben, hat man zu jener Zeit, der die Kölner und Düsseldorfer (Was für eine Kombi 😉!) ihr aktuelles Album widmen, schon eine Menge experimentieren müssen. Mick Box (Uriah Heep) erzählte mir mal, dass er damals nahezu verzweifelte, wenn er eine spezielle Idee im Kopf hatte und versuchte, sie mit den vorhandenen Mitteln umzusetzen. Diese Schwierigkeit wird Flying Circus nicht zu meistern gehabt haben. Ihr Sound ist erlesen, der Bass verdient eine zusätzliche Erwähnung, weil er einfach geil klingt. Aber die Jungs haben die Mühsal überwinden müssen, ihre Vorbilder nicht zu kopieren, sondern sie als Wurzel ihrer Musik entsprechend zu würdigen. Und das ist ihnen absolut gelungen.

Wer sich das Album anhört, der wird an der einen oder anderen Stelle heftige Assoziationen haben – an Zappa, King Crimson, Dixie Dregs, Pink Floyd, Triumvirat und wer weiß sonst noch alles. Das Album ist nach Kapiteln geordnet. Die Geschehnisse des Jahres „1968“ werden in den Songs mit besonderen Orten der Welt thematisiert: die Mai-Demonstrationen in Paris, der Prager Frühling, der Anschlag auf Sudentenführer Rudi Dutschke in Berlin, das provokative künstlerische Aufbegehren sozialistisch orientierter Künstler in Wien, die blutigen Ereignisse in Derry und das Massaker von US-Truppen in My Lai (Vietnam), der Anschlag auf Martin Luther King in Memphis und der versuchte Mord einer radikalen Feministin von Andy Warhol in New York. Die Klammer dazu bilden das zweiteilige „The Hopes We Had (in 1968)“.

Hervorragende Musiker

Das alles mit den Möglichkeiten der Musik zu erklären, ist nicht einfach. Musikalisch ist es Flying Circus zwar gelungen, textlich indes rutscht man da allzu sehr ins Pathetische. Wadada Leo Smith hat in seinem großen epischen Werk über die Bürgerrechtsbewegung geschrieben. Besser kann man’s wahrscheinlich nicht machen. Die Chancen des Rock hat Flying Circus genutzt, aber bei den Lyrics wäre noch mehr drin gewesen. Das klingt dann bisweilen doch etwas zu flach.

Herausgehoben muss aber die Musikalität der Truppe: Michael Dorp (Gesang), Michael Rick (Gitarre), Rüdiger Blömer (Keyboards und Geige), Roger Weitz (Bass) und Ande Roderigo (Schlagzeug) haben sich spätestens mit diesem Album an die Spitze der deutschen Hardrock-/Progrock-Spitze gespielt. Schönes Detail: Als Aufnahmestudio dienten die legendären Dierks Studios in Pulheim-Stommeln, wo schon Stars wie Ike & Tina Turner, Rory Gallagher, die Scorpions oder Eric Burdon Songs eingespielt haben. Und als Fotograf für die Bandporträts im Album-Artwork wählte die Band den ehemaligen Rockpalast-Hausfotografen Rainer Leigraf.