Das Doppelkonzert des Jazzfest Bonn stand am Donnerstag unter dem Motto „Familienbande“. Neben Vater und Sohn Dauner stand das Ehepaar Cæcilie Norby und Lars Danielsson auf der Bühne des Landesmuseums Bonn.
Von Cem Akalin
Diese Hände! Stark. Kräftig. Als Wolfgang Dauner am Ende des Konzertes mit seinem Sohn Flo mitten auf der Bühne steht. Zum Publikum gewandt und lächelnd. Da hängen diese Hände herab. Hände wie geformt von einem Bildhauer. Kunstwerke. Vater und Sohn haben die gleiche Körperhaltung, lassen die Arme hängen, wie nach einem anstrengenden Bergaufstieg, der Oberkörper leicht gebeugt. Die Gesichter zeichnen den Ausdruck von ruhender Zufriedenheit, von anspruchslosem Glück.
Und das lässt sich ohne weiteres nachvollziehen. 68 Minuten lang zogen sie ihr Publikum in den Bann mit ihrem musikalischen Zwiegespräch, das eher einem stürmischen Tanz auf den Kämmen bewegter Wellen gleich kam. Wolfgang Dauner, 81, deutsche Jazz- und Jazzrocklegende, und sein Sohn Flo, 42, vor allem bekannt als Produzent und Drummer u.a. der Fantasischen Vier bei einem Projekt? Als ihr gemeinsames Album vor drei Jahren erschien, da fiel vor allem diese ausgelassene Dynamik auf. Die übertrug sich am Donnerstagabend auch in den ausverkauften Saal des Landesmuseums Bonn.
Die beiden schienen sich geradezu gegenseitig anzutreiben. Dauner senior musste so manches Mal in sich hineinlachen, wenn der Sohn seine auserlesenen, kräftigen Trommelfantasien über seine rockigen Akkorde oder wendigen Pianoschöpfungen legte. Florian Dauner scheint ihn immer noch überraschen zu können.
Ganz in schwarz gekleidet, mit weißen Turnschuhen über roten Socken setzt sich Wolfgang Dauner ohne Umschweife gleich ans Klavier. Mächtiger Schnauzer, die langen, nur noch seitlich wachsenden Haare im Nacken zu einem Zopf gebunden, Sonnenbrille. Das Mikro liegt neben ihm am Piano. Aber große Worte sind seine Sache nicht. Hier geht’s auch nicht ums Labern. Die Dauners sind da, um Musik zu machen.
Und wie sie die machen. Gleich zu Beginn mit „2012+1“ zeigt der 81-Jährige seine Fingerfertigkeit und Lust. Der Mann hat sich seine Neugier und Experimentierfreudigkeit erhalten. Er spielt mit Computersounds, zeigt, dass sein musikalischer Horizont immer noch unendlich ist.
„Who Let The Dog Out…?“ ist ja schon fast ein vom Industrial Rock inspiriertes Stück kreativen Wahnsinns, wie die beiden da mit Verve und ziemliche cooler Attitüde an das Stück herangehen. Stimmungsvolle Klangbilder, psychedelische Ansätze, rhythmisch leidenschaftliche, sauber umgesetzte Dialoge, geradezu mystisch verklärte Sounds, freie Gedankenläufe – am Ende war klar, was Wolfgang Dauner mal in einem Interview über die Kollaboration mit seinem Sohn meinte, es sei ein Spiel unter „Gleichberechtigten“. Man möchte sagen: Aus solch einem Zusammenspiel sprich Respekt und Liebe!
Familienbande bestimmten auch das erste Duo des Abends: Cæcilie Norby und Lars Danielsson sind schon lange ein Paar – privat und künstlerisch. Umso interessanter ist es, zu sehen, wie sich das Musikerpaar entwickelt hat. Das Album „Queen Of Bad Excuses“ sorgte 1999 für Aufsehen, weil ausgerechnet eine dänische Jazzsängerin beim legendären Label Blue Note ein Album herausbrachte, das keine Standards enthielt und ausschließend aus eigene Kompositionen bestand. Damals trat das Paar noch in Standardbesetzungen auf, diesmal also reduziert aufs Nötige: Stimme, Bass oder Cello als Begleitung. Und manchmal muss auch einfach mal eine Kalimba ausreichen. Das afrikanische „Fingerklavier“ als alleinige Begleitung zu Johnny Cashs „Hurt“ war mir ehrlich gesagt etwas zu süßlich zum eher düsteren Text. Sehr gut gefallen hat mir dagegen die kühle Version von Joni Mitchells „Both Sides Now“ mit leisem Scatgesang über dem lyrischen Bass.
Ganz hervorragend: Ihre Version von Maurice Ravels „Dead Princess“ über die letzten Tage einer Ballerina mit Andeutungen über die flamboyante Musikmäzenin Prinzessin Winnaretta de Polignac, ein Stück aus ihrem Album „Arabesque“. Daniellson zupft das Cello wie eine Gitarre, streicht es, spielt zarte Melodien oder lässt es mit ordentlich Hall klingen wie Walgesänge; während seine Frau zwischendurch Chöre über ein zweites Mikrofon singt, das wahrscheinlich über einen Vokalharmonisierer sehr ansprechende Effekte erzeugte. Das Publikum konnte jedenfalls nicht genug bekommen: zur Zugabe gab es eine vokalexperimentelle Version von Leonard Cohens „Hallelujah“.