Das Emil Brandqvist Trio um Emil Brandqvist (Drums), Tuomas Turunen (Piano) und Max Thornberg (Bass) sorgt am Dienstagabend in der Harmonie in Bonn für hingerissenen Applaus. Das Publikum fordert eine Zugabe nach der anderen.
Von Dylan C. Akalin
Der Wald ist ein geheimnisvoller Ort. Tuomas Turunen lässt sein Piano in den hohen Lagen wie im Dunkeln kurz aufleuchtende Eiszapfen klingen bis dunkle Akkorde als Antwort aus der tiefen Finsternis widerhallen. Aus diesen abstrakten Tonfolgen, mit denen „Skog“ beginnt, entwickelt Turunen ein nahezu kammermusikalisches Thema. Erst Minuten später steigen Schlagzeug und Bass wie Suchende ein, um zunächst die Grundakkorde des Themas zu betonnen. Sie sind wie Irrlichter an diesem eleusinischen Ort, den plötzlich ein sprunghaft-temperamentvoller Bass wie in Vogel in eine freundliche Lichtung wandelt. Es ist genau dieser so an Bildern reicher Umgang mit den musikalischen Mitteln, die das Emil Brandqvist Trio zu einer so erfolgreichen Formation machen. Das Publikum liebt es und lässt es am Dienstagabend nicht ohne drei Zugaben von der Bühne der Harmonie Bonn.
Das Set besteht vor allem aus Stücken vom aktuellen Album „Entering the Woods“. Der Opener des Abends ist auch das erste Stück aus diesem wunderschönen Album: „My New Bike“. Und gleich zu Beginn zeigt das Trio, dass es der Umgang mit der Stille ist, der zu ungeheurer Spannung führen kann. Das Stück beginnt nicht mit einem Knall, nicht mal mit einer fröhlichen Einleitung, sondern mit einem Spiel auf den Becken, das zunächst so leise ist, dass man den Atem anhält. Der Bass wird gestrichen, zittrig wie Herbstlaub. „My New Bike“ ist eine elegische Kindheitserinnerung. Und auch das folgende „When The Light Shines Through“ ist eine impressionistische Version eines Cool Jazz, der immer ein wenig in nordische Kunstmusik kippt. Pastellfarbene Tupfer auf eleganten Rhythmen, dynamische Spannung durch feine Tempowechsel und eine akkurate Erzählstruktur sind die Hauptbestandteile dieses wunderbaren Trios, das so angenehm aufeinander eingespielt ist, wie der surrende Motor eines 1976er Chevrolet Caprice Classic Coupé.
Emil Brandqvist (Drums), der Finne Turunen und Max Thornberg (Bass) haben einen atmosphärischen Stil entwickelt, in dem kammermusikalische Strukturen (Edvard Grieg und Erik Satie lassen grüßen), skandinavische Volksweisen und Jazz eine wunderbare Partnerschaft eingehen. Wenn die Band in „Crowded House“ das enge familiäre Zusammenleben in einem kleinen Apartment in Göteborg erzählen, wie Brandqvist launig erzählt, dann finden sich in den vielen Schichten des Stücks auch an Bach erinnernde Adaptionen. Rhythmische Spiele zwischen Bass und Piano wechseln sich mit grollenden Passagen ab, aus denen sich kleine feine Themen herausschälen, Oasen der Ruhe bilden sich inmitten von chaotischen Wirbeln. Dagegen bildet „In This Moment“, ein Stück aus dem erst im März 2023 erscheinenden neuen Album ein hinreißend melancholisches Lied, dem Brandqvist mit hingebungsvollem Spiel mit dem Besen auf Fellen und Becken das nötige Volumen verleiht. Hammerpiano dominiert den ersten Teil von „Unbreakable“. Das Basssolo zu den getupften Pianoakkorden ist einfach bezaubernd.
Das zweite Set nach der Pause beginnt zwar mit einer an Satie erinnernden Zerbrechlichkeit („Small Butterfly“), doch die folgenden Stücke entfalten derart Dynamik und Passion, dass das Publikum immer wieder Applaus spendet. Insbesondere „Starlings“ mit seinen abwechslungsreichen Passagen ist beeindruckend.