Von Dylan C. Akalin
Der Auftritt von Sari Schorr am zweiten Abend des Crossroads-Festival, das der WDR Rockpalast in der Hamonie in Bonn veranstaltet, hinterlässt ein Gemisch aus Anerkennung und Ambivalenz. Die Sängerin hat zweifellos ein beeindruckendes Repertoire an Fähigkeiten, um das Publikum in ihren Bann zu ziehen. Eine ihrer offensichtlichsten Stärken ist ihre raue, kraftvolle Stimme, die jedem Ton Authentizität verleiht und die Zuhörer in eine Welt des emotionalen Ausdrucks entführt. Bei Stücken wie „Black Betty“ oder „Ain’t Got No Money“ zeigt sie eine bemerkenswerte Fähigkeit, die tiefe Seele des Blues zu erfassen und sie mit Leidenschaft zu interpretieren. Ihr Gesang ist unbestreitbar intensiv und packend, was ihr Publikum mitgerissen hat.
Jedoch offenbarte sich auch eine gewisse Schwäche in ihrer Darbietung. Manchmal scheint es, als ob sie sich zu sehr auf die kraftvollen Momente verlässt und dabei die Feinheiten der Melodie und insbesondere das Moment der Überraschung vernachlässigt. Ich bemerke jedenfalls bei mir, dass sie mich bisweilen verliert. Vor allem in Momenten, bei denen man den Eindruck hat, dass man das schon zu oft gehört hat. Aber das ist sicher nur ein sehr subjektiver Eindruck. Insbesondere bei langsameren Stücken wie „Ordinary Life“, bei dem Chris Cliff übrigens ein tolles Basssolo spielt, wirkt ihr Gesang für mich zuweilen etwas überladen. Hier könnte sie von einer subtileren Herangehensweise profitieren, um die Tiefe und Vielschichtigkeit ihrer Musik besser zur Geltung zu bringen. Highlights sind „Damn the Reason“ über häusliche Gewalt und Sari Schorrs Appell an die Opfer, sich nicht für ihre Situation zu schämen und sich an Organisationen zu wenden, die ihnen helfen können, das sehr eindringliche „Aunt Hazel“ und „Beautiful“ mit dem fast etwas jazzigen Start in diese schöne Ballade.
Ihre Bühnenpräsenz indes hat zweifellos Charisma und Ausstrahlung. Insgesamt bietet Sari Schorr eine fesselnde Performance, ihre unbestreitbare Leidenschaft und ihr Talent sind unübersehbar. Ihre Band ist übrigens erstklassig. Insbesondere bei „Peace of Mind“ fällt der fantastische Gitarrensound, der trotz orchestraler Klangfülle genügen Aggressivität hat, um Ash Wilson seine pointierten Gitarrenläufe zu untermauern.
The Cinelli Brothers
Nach A.S. Fanning gibt es bei Crossroads eine zweite Entdeckung. Wir sind begeistert von The Cinelli Brothers. Schon mit dem gospelartig Opener „The Very Thing That Makes You Rich“ verblüfft uns das an Johnny Guitar Watson erinnernde erste Gitarrensolo: klar im Sound, erfrischend im Ausdruck mit einem leichten Funk im eleganten Blues, dazu die satte Orgelbegleitung. Einfach nur zum Zunge schnalzen. Wahnsinn, was die Band aus dem Ry Cooder-Song machen, übrigens das einzige Cover an diesem Abend.
Das Konzert war eine Tour de Force durch das reiche Repertoire der Band, die von Anfang an eine geradezu elektrisierende Atmosphäre schaffte. „Dozen Roses“ hat die Grundstimmung eines countrylastigen Southern Rock voller Soul. Mit Stücken wie „Prayer“ und „Making It Through the Night“ erreicht die Band auch eine tiefere emotionale Ebene.
Und es ist tatsächlich diese beflügelte, unbekümmerte Verschmelzung verschiedener Elemente des Blues, Funk und Soul, die zu einem einzigartigen und mitreißenden Klang führen. Kaum zu glauben, dass diese Truppe aus Großbritannien stammt und nicht aus Texas oder Chicago, denn was diese Jungs da machen mit der hingebungsvollen Mundharmonika, dem Soul, dem Feuer und dem Blues in der DANN, klingt derart authentisch und gewachsen, als hätten sie es mit der Muttermilch eingesogen. Das Gitarrensolo auf „Save Me“, mit viel WahWah gespielt, die Saiten mit den Fingern statt einem Plektrum angeschlagen, hat so viel Knackigkeit und Groove, dass man kaum ruhig stehen kann.
Das markante Gitarrenspiel von Tom JJ ist eines der zentralen Elemente des Stils der Band. Sein virtuoses Spiel umfasst eine breite Palette von Techniken und Stilen, von kraftvollen Blues-Riffs bis hin zu funkigen Grooves, die die Songs der Band mit Leben erfüllen und eine unverwechselbare Klanglandschaft schaffen.
Alessandro Cinelli am Schlagzeug sorgt für kraftvolle und mitreißende Rhythmen, die den Songs eine solide Grundlage geben und das Publikum zum Tanzen bringen. Sein präzises Timing und sein energiegeladenes Spiel verleihen der Musik von The Cinelli Brothers eine unwiderstehliche Energie – so wie auch sein leidenschaftlicher Gesang.
Songs wie „I Can’t Quit You Babe“ und „Nobody’s Fool“ animieren das Publikum zum Mitsingen und Tanzen. Die Energie auf der Bühne ist ansteckend, und es ist klar zu spüren, dass die Bandmitglieder eine tiefe Leidenschaft für ihre Musik haben, die sie mit dem Publikum teilten. Als das Konzert mit „Leave It With You“ zu Ende ging, war die Begeisterung im Saal spürbar. Das Publikum belohnte die Band mit tosendem Applaus.