Bush trotzen der Dunkelheit: „I Beat Loneliness“ ist ihr emotionalstes Album seit Jahren – es erscheint an diesem Freitag

Bush FOTO: Chapman Baehler

Mit „I Beat Loneliness“ veröffentlichen Bush ein tief persönliches und musikalisch wuchtiges Statement gegen innere Leere. Zwischen harten Gitarrenriffs und aufrüttelnden Lyrics liefert die Band ihr vielleicht stärkstes Album seit „Sixteen Stone“ – roh, kompromisslos und voller Hoffnung.

Von Dylan C. Akalin

Boah, geht das unter die Haut! Texte wie geschrieben fürs Kino, Lyrics wie aus der Privatschatulle entnommen, dazu dieser typische Bush-Sound mit fetten eindringlichen Gitarrenriffs und der raue, leidenschaftliche Gesang. Mit ihrem inzwischen elften Studioalbum „I Beat Loneliness“ liefern Bush ein wuchtiges, überraschend persönliches Werk ab, das sich kompromisslos dem Thema mentale Gesundheit widmet – aber nicht in selbstmitleidiger Pose, sondern als unerbittlicher, fast widerborstiger starker Gegenentwurf zur inneren Leere. 

Gavin Rossdale: Mir ist dieses Album so wichtig

Sänger und Frontmann Gavin Rossdale hat in Interviews betont, wie wichtig ihm bei diesem Album klare Aussagen und eine unverstellte Sprache waren. Das merkt man. „I Beat Loneliness“ ist in vielerlei Hinsicht das direkteste, emotional offenste Album, das Bush bislang aufgenommen haben. Die Innenklappen des Albums sind komplett schwarz geblieben – mit der kleinen Notiz unten links, wo sich Menschen mit seelischen Problemen oder suizidalen Probleme hilfesuchend hinwenden können.

Musikalisch bleibt die Band ihrem Sound treu, das merkt man schon beim ersten Takt des ersten Songs, wenn sie diesen auch in eine noch düsterere Richtung führen. Die Gitarren sind meist tiefer gestimmt, was die Riffs noch breiter erscheinen lässt, das Klangbild schwer, ziemlich metallisch – allerdings ohne ihre grungige Herkunft zu verleugnen. 

Für den Gitarrensound verantwortlich: Chris Traynor

Chris Traynor, immerhin auch schon seit fast 25 Jahren bei Bush für die Gitarren zuständig,  liefert dichte Riff-Wände, die sich mit Rossdales markanter Rhythmusgitarre verzahnen. Der Opener und Titeltrack prescht kompromisslos nach vorn: düstere Riffs, schleppender Groove, Rossdales Stimme irgendwo zwischen leidendem Schmerz und suchendem Widerstand. Dieser Grundsound zieht sich durchs ganze Album – sei es im hypnotischen „The Land Of Milk And Honey“ mit seinen subtilen Synth-Texturen oder im Titeltrack: Wie Bush es schafft, mit harten, vorwärtstreibenden Rockelementen solch tiefe Emotionen auszudrücken, ist meisterhaft. Im eruptiven „60 Ways To Forget People“ transportiert die Band mehr Emotionen als manch andere Band in einem ganzen Album.

„The Land Of Milk And Honey“ ist ein epischer Sound mit einem eingängigen Chorus und einem Synthie angereichertem aber rohem Gesamtsound,, Tempowechsel, einer metallisch-stählernem Gitarrensolo, viel Emotionalität und sozial-poltischem Unterton.

Rossdales unverkennbarer Gesang ist und bleibt natürlich das emotionale Zentrum der Band. Sie ist weit entfernt vom faltenlosen Pop – er atmet Authentizität. Seine Stimme klingt roh, verletzlich, kräftig, auch wenn er manchmal eine gewisse Brüchigkeit zulässt – und genau darin liegt ihre Stärke. Er trägt die Texte mit einer Dringlichkeit vor, die unmittelbar berührt. Songs wie „Everyone Is Broken“ oder „Don’t Be Afraid“ klingen wie persönliche Bekenntnisse, die dennoch eine kollektive Erfahrung artikulieren. Es geht um Einsamkeit, Entfremdung, die Sehnsucht nach Verbindung – und immer wieder um das Durchhalten. Hoffnung trotz Schmerzes. 

Die Texte dieser musikalische Auseinandersetzung mit inneren Krisen bleiben nie abstrakt oder verklausuliert. Rossdale geht direkt auf die Wunden los – mit Klarheit, aber auch mit einem gewissen Hoffnungsschimmer. „I Beat Loneliness“ ist keine Kapitulation vor der Dunkelheit, sondern eine Kampfansage. Daher hält die Band immer diese Heavyness aufrecht. Gerade in den ruhigeren Momenten – wie im abschließenden „We’re All The Same On The Inside“ – entfaltet das Album seine größte Kraft.

Bush gelingt mit „I Beat Loneliness“ ein seltener Spagat: Ein persönliches Album, das universell wirkt; ein hartes Rockalbum, das Tiefe statt Attitüde transportiert. Vielleicht ist es ihr wichtigstes Album seit „Sixteen Stone.“