Kaum zu fassen, dass Billy Cobham (siehe auch Interview) einige der Kompositionen, die er mit seinem Quintett in der Harmonie spielte, bereits vor gut 40 Jahren geschrieben hat. „Stratus“, „Red Baron“ oder „Crosswind“ haben nichts von ihrer rhythmischen Spannung, ihrer musikalischen Frische eingebüßt.
Vielleicht liegt es auch daran, dass Cobham schon damals ungeheuer viel Wert auf den Sound legte, die Möglichkeiten der Aufnahmetechnik ausreizte. Aber es liegt auch an der Finesse, wie Cobham es immer wieder versteht Herz und Verstand in seine Musik einzuweben. „Crosswind“ gehört bis heute zu den am meisten von Rappern gesampelten Stücken ( etwa „Here Today, Gone Tomorrow“ von Gang Starr).
Und so lässt Cobham Michael Mondesier ein sehr funkiges Basssolo in die rockigen Riffs spielen. Cobham umgibt sich mit einer exzellenten Truppe. Neben Mondesier sind noch der 50-jährige französische Baske Jean-Marie Ecay an der E-Gitarre, Camélia Ben Naceur und Steve Hamilton an den Keyboards dabei. Ecay spielte schon für Randy Brecker, Gino Vannelli, Stanley Clarke und Dee Dee Bridgewater. Ben Naceur hat keine Schwierigkeiten damit, mal die wuchtigen Themensätze zu spielen, die früher die Bläser übernommen hatten, mit wunderschönen Pianointros einzuleiten. Sie ergänzt sich ganz hervorragend mit ihrem Gegenüber: Steve Hamilton ist durchaus geübt, mit einem anspruchsvollen Drummer zu spielen.
Cobham hat ein tolles Programm zusammengestellt. Zu Beginn stellt er mit dem fast 20-minütigen „Pomegrenates“ ein aktuelles Stück aus seiner CD „Tales From The Skeleton Coast“ vor, das Anfang 2013 erscheinen soll. Aus dem 2010er Album „Palindrome“ spielte er das eher sanfte karibisch angehauchte „A Day Grace“, schließlich „Torpedo Flo“ und „Two For Juan“, das in der Originalfassung auf dem Album „Picture This“ deutlich funkiger ist. Mit „Red Baron“ aus dem wegweisenden Album „Spectrum“ von 1973 entlässt er nach knapp zwei Stunden ein sichtlich beglücktes Publikum nach Hause. (Cem Akalin)