Billy Cobham glaubt nicht an eine Reunion des Mahavishnu Orchestra

Billy Cobham FOTO: Harmonie/Promo/Dominique Meienberg

Der panamaische Schlagzeuger und Komponist Billy Cobham (68) hat in den 70er Jahren als Schlagzeuger mit dem Mahavishnu Orchestra und seinen Solo-Alben „Spectrum“ und „Crosswinds“ die vielleicht wichtigsten Aufnahmen des Fusion- Jazz gemacht. Am 22. Oktober ist er zu Gast in der Harmonie. Mit ihm sprach Cem Akalin.

J&R: Da gibt es diese sehr seltene Filmaufnahme vom Horace Silver Quintett aus dem Jahr 1968 mit Bennie Maupin am Tenor und Bill Hardman an der Trompete. Und Sie, sehr smart in Anzug und Krawatte, wirbeln am Schlagzeug, recht frei mit eingelegten Latintechniken, aber, bis auf das eingelegte Solo, sehr Beckendominiert, eben jazzig. Zwei Jahre später spielen Sie auf A Tribute to Jack Johnson von Miles Davis. Und da verblüffen Sie schon mit Ihrem unverkennbaren Stil: Sie verbinden das Kraftvolle, fast Athletische, aus dem Rock mit der Vielschichtigkeit des Jazz. Was ist in diesen zwei Jahren passiert?

Billy Cobham: Nun, ich wuchs an meinen Erfahrungen, indem ich mir ein stärkeres musikalisches Fundament aufbaute.

J&R: Ich verstehe immer noch nicht, wie Sie damals Ihren so eigenen Drumstil entwickelt haben, noch dazu in einer Zeit, in der der Rock noch in den Kinderschuhen steckte und der Fusion sich gerade erst ausbildete?

Cobham: Ich bin davon überzeugt, dass meine musikalische Entwicklung insgesamt natürlich mit meinem Umfeld zu tun hatte. Ich hatte ja das Glück, viele große Künstler erleben zu dürfen, angefangen von Buddy Rich bis zu Ginger Baker. Es gab damals viele, sehr viele Meister, die recht unterschiedliche musikalische Ansätze hatten. Da konnte jemandem wie ich aus einem großen virtuosen Angebot das saugen, was er brauchte, um sich weiter zu entwickeln. Ich fand das ganz natürlich, dann aus diesen vielen Einflüssen heraus, seinen eigenen Stil zu erschaffen.

J&R: Sie haben in den 70er Jahren als einer der einflussreichsten Schlagzeuger mit dem Mahavishnu Orchestra und dann mit Ihren Solo-Alben „Spectrum“ und „Crosswinds“ die vielleicht wichtigsten Aufnahmen des Fusion-Jazz gemacht. Sie spielen heute noch Titel aus dieser Zeit, jüngst bei einem herausragenden Projekt mit der hr-Bigband. Tun Sie das, weil das Publikum sie so gerne hört, oder stehen Sie selbst noch drauf?

Cobham: Ich würde sagen, dass die Musik von meinen Solo-Projekten und aus der Mahavishnu-Zeit einfach Kompositionen sind, die ich auch heute noch spielen kann und die mich weiterhin musikalisch unterstützen.

J&R: Zurzeit gibt es so viele Reunion-Projekte: Wie sieht’s mit dem legendären Mahavishnu Orchestra aus?

Cobham: Ich glaube nicht, dass eine Wiedervereinigung jemals in diesem Leben passieren wird. Es gibt eine Menge Angebote, aber diejenigen, die das entscheiden müssen, lehnen es ab.

J&R: Sind Sie denn noch in Kontakt mit dem Gitarristen und damaligen Bandleader John McLaughlin? Oder haben Sie sich damals hoffnungslos zerstritten?

Cobham: Nein, ich bin nicht direkt in Kontakt mit ihm.

J&R: Jedenfalls hieß es immer, die Band sei damals ziemlich zerstritten gewesen. Wie kann man denn dennoch solch eine magische und zeitlose Musik machen?

Cobham: Wir spielten eben aus einer positiven Perspektive aus.

J&R: Was denken Sie eigentlich über diese Wiederveröffentlichungsboxen mit all diesen Additional Tracks und Alternative-Versions, wie z.B. Miles Davis’ “Bitches Brew” oder “Jack Johnsons”. Haben Sie sowas mit Spectrum und Crosswinds auch vor?

Cobham: Ich habe kein Interesse an dieser Art von Veröffentlichung. Es ist jedenfalls nicht zu erwarten, dass dies mit den Aufnahmen geschieht, die ich kontrolliere.

J&R: Auf Ihren letzten Projekten kommen Ihre Latinwurzeln stärker heraus. Gleichzeitig leben Sie seit fast 25 Jahren in der Schweiz. Wie passt das zusammen?

Cobham: Das lässt sich solange gut koordinieren, solange ich die Kosten meiner Flugreisen nach Panama City noch überblicken kann.

J&R: Sehr schön. Nochmal: Wie kommt es, dass Sie ihre Latin-Wurzeln wieder entdecken?

Cobham: Meine Latin-Wurzeln hatte ich immer in mir und auch immer angewendet.

J&R: Sie hört man in Ihren aktuellen Aufnahmen aber stärker heraus.

Cobham: Auf diese Wurzeln zurückzugreifen ist immer dann wichtig, wenn es deine musikalischen Ideen weiterbringt. Dann kommen sie an die Oberfläche.

J&R: Was darf das Bonner Publikum erwarten?

Cobham: Eine starke musikalische Darbietung jedes Bandmitglieds.

J&R: Spielen Sie auch ein paar alte Nummern?

Cobham: Ja.

 

(18. Oktober 2013)