Seinen ersten glanzvollen Europa-Auftritt hatte das Ensemble jetzt in Bonn
Von Cem Akalin
Bei einem seiner letzten öffentlichen Auftritte in Deutschland ließ sich der von seiner Krankheit gezeichnete Frank Zappa 1992 in der Frankfurter Oper mit quer aufgesetzter Narrenkappe fotografieren. Ein weises Lächeln im Gesicht, Zeige- und Mittelfinger zu einem Victory-Zeichen geformt. War es die Genugtuung, dass sein Werk noch zu seinen Lebzeiten die Anerkennung der E-Musik-Szene erhielt? Wer weiß. Für Zappa selbst war sein orchestrales Werk, seine vom renommierten Ensemble Modern aufgeführten zeitgenössischen Kompositionen, nur ein Baustein seines als „Konzeptionelle Kontinuität“ bezeichneten Gesamtkunstwerks, für das er seit den frühen 60er Jahren eine eigene musikalische Sprache mit sehr speziellen Codes entwickelte.
Die Ed Palermo Big Band aus New York, die am Samstag zur Biennale vor der Oper und später im Opernhaus aufspielte, versteht sich als Teil dieses Konzepts. Ganz im Sinne des Meisters geht es dem Arrangeur/Saxophonisten und Bandleader Ed Palermo nicht um die reine Wiedergabe des Zappaschen Werkes, sondern um eine Interpretation im Geiste Zappas. Und Palermo faszinierte mit seiner konzeptionellen Adaption. Wie Zappa selbst mischt er Klassisches von Händel, Brahms und Ravel sowie Jazz mit Rhythm & Blues-unterlegten Bläsersätzen.
Ohne ihre zwei Sänger und ohne Gitarristen ist die 15-köpfige Big-Band nach Bonn gekommen, zum ersten Auftritt in Europa überhaupt. Selbst in den Staaten ist die Band fast ausschließlich im New Yorker Club „Bottom Line“ zu hören – doch das immerhin seit etwa zehn Jahren und regelmäßig.
Zu kostspielig wäre ein Touren mit der gesamten Truppe. So bleibt die Pflege des Zappa-Werkes eine Passion, wenn nicht gar eine Obsession. Denn Palermo hat das gesamte Repertoire, das immerhin 150 Stücke umfasst, selbst notiert, in mühevoller Kleinarbeit aus den Alben herausgehört und für das Orchester neu arrangiert.
Gastmusiker lassen sich immer wieder gerne auf ein Zusammenspiel mit dieser ausgezeichneten Band ein – allesamt Berufsmusiker, die sich ihren Lebensunterhalt als Studiomusiker oder bei den diversen Musical-Produktionen in der Megastadt verdienen. Und so wundert es kaum, dass sie keine Mühe haben, selbst bei kompliziertesten Passagen die unbeschwerte Leichtigkeit in den oft labyrinth-haften, temporeichen Stücken zu wahren. Dazu mag auch Napoleon Murphy Brock auf der Bonner Operbühne beigesteuert haben, der als Sänger und Saxophonist zu Zappas Truppe gehörte. Der soulige Tenor brachte auf jeden Fall ein Stück der zappaschen Konzert-Atmosphäre in die Oper – als Tänzer, glänzend aufgelegter Tenorsaxophonist, unwiderstehlicher Charmeur und unvergessener Sänger von Zappas bekanntesten Stücken.
Paul Adamy (Bass) und Ray Marchica (Drums) trieben die zehn Bläser zu fulminanten Soli, Bob Quaranta (Flügel) und Ted Kooshian (Synthesizer) übernahmen neben atmosphärischer Untermalung auch selbstbewusst percussive Elemente. Im Ganzen ein glanzvoller Abend, in dessen Mittelpunkt stets der schelmische Geist Zappas stand.