Der letzte Tag beim Crossroads Festival wird nochmal total durcheinandergewirbelt. Das Programm ändert sich erneut – und zwar total. Nach Nic Cester haben auch Di-Rect und False Head auf Grund der aktuellen Situation ihre Auftritte abgesagt. Und die Redaktion hat ihre Kontakte gewälzt. Ergebnis: Es spielen Suzan Köcher’s Suprafon, Psychedelic Folk-Rock aus Deutschland, und The Universe By Ear, Psychedelic-Rock aus der Schweiz. Beide Konzerte wieder ohne Publikum, der WDR überträgt per Livestream – doch J&R ist natürlich dabei!
Von Dylan Cem Akalin
The Universe By Ear beginnt mit „Been Here Before“, einem Stück, das aus den 60ern stammen könnte. Eine krautrockige Melodie leitet den Abend fröhlich ein. Und dann sorgen Beni Bürgin (Schlagzeug, Gesang), Pascal Grünenfelder (Bass, Gesang) und Stef Strittmatter (Gitarre, Gesang) für eine Überraschung. Es wird schräg, verrückt, progig, jazzrockig. Die Gitarre gibt verschrobene Akkordfolgen vor. Nach einem Spiel des Gitarristen mit dem Feedback geht die Band in eine Heavyrock-Richtung. Bei „Slam Your Head Against The Wall (Carefully)“ wird das Gitarrenspiel ähnlich entrückt-närrisch wie bei Zappa.
Bei „Euphoria“ wird so langsam klar, was die Band mit „Psychedelic Brain Blues“ meinen. Verkopft sind die Breaks und Harmoniewechsel sicherlich, die Melodie indes klingt wie aus der frühen Phase der Beatles, und der Blues ist zugegeben nur ein sehr entfernter Verwandter dieses Stils. Der Zwischenteil hebt dann unbedingt in psychedelische Welten ab.
Erleben und Entdecken
In der Musik von The Universe By Ear tut sich was. Das ist Musik fürs Erleben und Entdecken. Das ist Spaceshuttle-Soundtrack, es wird Pink Floyd‘isch und zwar aus der frühen Experimental-Periode, was übergangslos in die King Crimson-Arithmetik fließt. Stef Strittmatter beherrscht das Tapping hervorragend, ebenso die damit verbundene Sounderzeugung, die von rasanten Bassläufen unterstützt wird. Sowas hört man beim Rockpalast Crossroads Festival leider zu selten. Ganz starkes Programm! Und das Solo, das zwar psychedelische Linien zaubert, aber im Speed-Rock‚n’Roll beheimatet ist, kommt von einem Zauberer an der Saiten.
Die Bassdrum stampft zu kratzigen, knurrenden Klängen, der Gesang ist Rocktheater der 60er. Könnte auch von den Mothers sein. „Follow The Echo“ heißt das Stück. „Wir sind gestern dem Ruf von Basel nach Bonn gefolgt“, sagt Strittmatter und fügt hinzu. „Das macht ja richtig Spaß bei Euch.“ Und das ohne Publikum. Ist halt die Harmonie.
Zwischen Camel und King Crimson
Das nächste Stück geht darum, wenn man dem Ruf des Mondes folgt, also quasi Mondsüchtig ist, erklärt er. Relativ kurz ist „Temperamental Apathy“, und da ist er wieder, der 60ies/70ies Rockbezug. Wenn es hier noch relativ ruhig zugeht, wird es beim nächsten Song wilder. Kein Wunder. Der Titel: „Loudest Gorilla In The Cage“. Der Parforceritt durch Tempi, Stile und Harmonien könnte irgendwo zwischen Camel und King Crimson verortet sein.
„Seven Pounds“ beginnt ziemlich rockig, mit eingängigen Riffs, die in komplexe Abfolgen gebettet werden. Und dann befinden wir uns unvermittelt wieder in einem Trancezuzstand, in dem lediglich der Bass uns einen Halt gibt, während es um uns klirrt, klingelt, kratzt und quietscht. „Echoes“ lässt grüßen. Strittmatter spielt sich dann aber in immer höhere Gefilden. Der Mann ist nicht von dieser Welt.
Ziemlich schräg geht es auch bei „High On The Hynek Scale“ zu und in „Make It Look Like An Accident“ verstecken sich ein paar orientalische Harmonien. Am Schluss schwelgt die Band in „Deadendtown“, einem kratzbürstigen Bluesrock a la Cream. Super.