Der kleine Joe war ein Junge wie jeder andere. Er liebte (und manchmal hasste) er die Schule, so wie andere Kinder auch. „Ein Junge, der in der Masse verschwindet“, kommentiert die Stimme einen ganz frühen TV-Beitrag über das einstige Wunderkind des Blues. Die DVD seines neuen Albums „Live At The Greek Theatre“ startet mit diesen reizenden Bildern eines etwas pausbackigen Jungen.
Von Dylan Cem Akalin
Bilder aus der Schule, in der Klasse, vor dem Sprint – und dann zu Hause an der Gitarre. Da verwandelt sich das amerikanische 08/15-Kind in einen Bluesrock-Virtuosen – und einem Kommentar von B.B. King, der das Timing des Kleinen lobt. Joe Bonamassa, mit fünf begann er seine ersten Schritte an der Gitarre, mit neun stand er schon regelmäßigauf den Bühnen der Bluesclubs, mit zwölf holte ihn B.B. King zu sich auf die Bühne. „Ich fühle mich wohl, wenn ich Gitarre spiele“, sagt der Junge – und schon rauschen die fetten Trucks über die Highway. 25 Jahre später ist Joe Bonamassa der wohl zurzeit erfolgreichste Bluesmusiker. Und während die Karawane über die Highways zieht, tönt der Klassiker „Riding With The King“ durch die Lautsprecher.
Der Klassenprimus des Blues
Joe Bonamassa, der Klassenprimus des Blues, hat es wieder mal geschafft, seine Fans mit einem neuen Album zu überraschen, an dessen Qualität nichts zu mäkeln gibt. Man könnte höchstens meinen, die Produktion sei vielleicht eine Spur zu clean. Das wäre aber Kritik auf hohem Niveau. Der Sound ist brillant, die Band ebenso. Und Bonamassa hat sich wieder nicht lumpen lassen und performt auf seiner Tribute-Tour „Three Kings“ mit großer Besetzung: Die elfköpfige Band besteht aus Anton Fig (Schlagzeug), Kirk Fletcher (Gitarre), Michael Rhodes (Bass), dem bewährten Reese Wynans (Klavier, HammondOrgel), Lee Thornburg (Trompete, Bläserarrangements), Paulie Cerra (Saxophon), Nick Lane (Posaune) und den drei Backgroundsängerinnen Mahalia Barnes, Jade MacRae und Juanita Tippins.
Joe zieht alle Register
Klar, wenn der mehrfache Grammygewinner und –nominierte eine Hommage der drei Blueshelden produziert, dann muss es krachen. Und so zieht Bonamassa bei seiner musikalischen Verehrung von Albert King, B.B. King und Freddie King auch alle Register. Dazu gehört natürlich, dass er immer wieder die Gitarre wechselt. Zu „I Play The Blues For You“ spielt er zum Beispiel sehr stilvoll die Flying V von Albert King, die wohl mittlerweile im Besitz von Actionstar Steven Segal ist. Für Gitarrenfreaks ist die DVD auf jedenfall ein Schmankerl.
Die Tour ging im vergangenen Jahr über 14 Amphitheater in den USA. Das Album wurde live im legendären Greek Theatre in Los Angeles aufgenommen. Die DVD geht über 137 Minuten, die beiden CDs bieten 125 Minuten und darauf 22 der schönsten Bluessongs. Das Album ist ist als Doppel-CD, Doppel-DVD und 3-LP-Deluxe-Edition erhältlich. Außerdem enthält es ein Collectors-Edition Booklet sowie diverses Bonusmaterial und Making-Of-Szenen.
Was man Bonamassa zugute halten muss, ist, dass er seiner Band genügend Raum bietet, sich auszuspielen. Kirk Fletcher ist ein hervorragender Gitarrist mit genügend Grundlage und einer tiefen Wurzel im Blues. Der 40-Jährige hat auch schon mit Blues-Legenden wie James Cotton, Pinetop Perkins, Hubert Sumlin, Mojo Buford oder Ronnie Earl getourt und mit Gitarrenhelden wie Larry Carlton, Robben Ford und Michael Landau gespielt. Außerdem war er Mitglied der Fabulous Thunderbirds. Also wirklich ein Mann, der was zu sagen hat auf der Gitarre und das tut er auch.
Und Reese Wynans muss man eigentlich gar nicht vorstellen. Der 69-jährige Keyboarder hat immer noch so viel Feuer in sich wie zu Zeiten bei Double Trouble.
Und auch die Hornsection ist wirklich ein Knaller. Besonders der vielseitige Saxophonist Paulie Cerra gefällt mir. Er hat genug Gospel und Blues in sich, aber auch eine jazzige und Countryseite, um den Soli immer eine neue Farbe zu verpassen. Kein Wunder, dass er schon von Musikern wie Stevie Wonder, Kirk Franklin, Luther Allison, Little Milton, Billy Preston oder Jimmy Johnson engagiert wurde.
Fazit: Live At The Greek Theatre ist ein Album, auf dem es viel zu entdecken gibt. Joe Bonamassa ist nach wie vor glänzend drauf. So glänzend das Album auch produziert ist, manche Stücke wirken dann doch manchmal etwas zu glatt. Übrigens: Von Sängerin Mahalia Barnes werden wir sicherlich noch etwas zu hören bekommen – hoffentlich. Die Frau hat bei „Riding With The King“ ihre unglaublich starke Stimme präsentieren dürfen. Hammer!