Im Interview: Katie Melua verspricht ein „Best of“-Konzert in Bonn

Katie Melua 2007 in Bonn. FOTO: Horst Müller
Melancholisch und schön: Britische Sängerin spielt heute auf dem Kunst!Rasen Songs aus zehn Jahren Musikkarriere

„Nine Million Bicycles“ haben Katie Melua vor acht Jahren an die Spitze der Pop-Musik katapultiert. Vor drei Jahren musste sie sich nach einem Zusammenbruch aus der Öffentlichkeit zurückziehen. Doch die 28-Jährige ist wieder da. Heute tritt sie um 18.30 Uhr auf dem Bonner Kunst!Rasen auf, und im September erscheint ihr neues Album. Mit der Sängerin sprach Cem Akalin.

In Ihrer Musik schwingt diese sehr eigene Melancholie. Hat das etwas mit Ihrer georgischen Seele zu tun?

Katie Melua: Ich weiß nicht. Ich bin schon geneigt „Ja“ zu sagen, weil georgische Volksmusik wirklich melancholisch ist. Die Menschen benutzen die Musik ja nicht nur als Unterhaltungsmedium, sondern auch, um das Schicksal eines Landes zu verarbeiten, das immer wieder erobert wurde – und ich liebe georgische Volksmusik.

Tiflis, Moskau, Belfast – das sind Stationen Ihres Lebens. Wie sehr wird ein junges Mädchen von diesen Städten geprägt? Wie sehr hat es Ihre Musik beeinflusst?

Melua: Nun, ich habe ja in Tiflis gelebt, bis ich acht Jahre alt war, aber daran und auch an Moskau habe ich nicht so viele Erinnerungen, weil ich noch so jung war. Aber ich denke, ich bin schon von der Zeit in Georgien beeinflusst, vor allem der Zeit nach dem Bürgerkrieg. Wir haben immer viel Musik gehört, und das in völliger Dunkelheit, weil der Strom jede Nacht ausfiel. Ich denke, es kann einen Einfluss auf deinen musikalischen Weg ausüben, wenn du deiner Mutter in völliger Dunkelheit beim Klavierspielen zuhörst. In Belfast habe ich viel irischen Folk gehört, was ebenfalls stark von der katholischen Identität geprägt war. Vielleicht wissen Sie, dass ich eine katholische Schule besuchte und mein Bruder eine protestantische…

Wir Deutschen denken bei Belfast gleich an den Nordirlandkonflikt, an U2’s „Sunday, Bloody Sunday“. Ein Fehler?

Melua: Es ist heute ebenso ein Fehler wie in den 90er Jahren, als die Nachwehen des Konfliktes zu spüren waren. Das war schon ziemlich regional eingegrenzt, und die meisten Belfaster Bürger fanden die Unruhen haarsträubend. Es ist ein absolut sicherer Ort zum Leben… Okay, das sagt jetzt ein Mädchen, das während des Bürgerkriegs in Georgien aufwuchs.

Ihr wunderbares Lied über „Belfast“, „wo die Glocken nicht läuten“ hat einen teilweise rätselhaften Text („Ich bin gespalten zwischen Pinguinen und Katzen“). Was bedeutet er Ihnen?

Melua: „Belfast“ ist ein Song, der von der Zeit in Nordirland handelt, beschrieben aus der Perspektive eines Kindes. Und ja, die Symbole sollen bewusst kalt sein, und ich wollte den Song abstrakt halten, weil der Konflikt für mich ziemlich abstrakt war. Ich schrieb ihn vier Jahre, nachdem ich Nordirland verlassen hatte, weil ich es vermisste.

„Nine Million Bicycles“ ist ein ungewöhnlicher, hinreißender Lovesong. Muss man sehr verliebt sein, so einen Song so überzeugend singen zu können?

Melua: Ich finde, ich habe so viel Kraft in den Song gepackt, dass mich die Musik selbst – sogar wenn ich vielleicht gerade nicht in einer Beziehung bin – wie eine Zeitmaschine in meine Erinnerungen zurückversetzt, als ich noch verliebt gewesen bin. Zum Glück ist zurzeit keine Zeitmaschine dafür nötig, denn ich habe ja meinen Mann James…

Haben Sie ihn schon einmal für Ihren Mann, James Toseland, gesungen? Oder mag er als Motorradrennfahrer keine Fahrräder?

Melua: (lacht) Ja, den Witz kannte ich schon, dass man die Fahrräder in dem Lied durch Motorräder ersetzen sollte… Eigentlich ist sein Lieblingslied „Call Off the Search“ (Hör auf zu suchen).

Vor drei Jahren haben Sie sich nach einem Zusammenbruch zurückgezogen. Sie waren 25 Jahre jung. Ist das Popgeschäft so aufreibend?

Melua: Ich würde das nicht aufs Pop-Business schieben. Das waren mehrere Faktoren. Es gab ein paar Dinge im Privaten, die nicht gut liefen. Hinzu kam ein total verrückter Arbeitsplan.

Wie geht es weiter für Sie? Gibt es ein neues Album-Projekt?

Melua: Ich habe gerade mein sechstes Album aufgenommen. Ich hoffe, es kommt im September raus. Ich habe diesmal mit zwei Produzenten zusammengearbeitet. Das ist ein fantastisches Team.

Wer ist es denn?

Melua: Das sind Mike Batt, mit dem ich schon lange zusammenarbeite, und sein Sohn Luke Batt. Die beiden sind so unterschiedlich in ihren technischen Ansätzen, und das war faszinierend, das Album mit solch einem brillanten Ying-und-Yang-Team fertigzustellen.

Was darf das Publikum erwarten? Werden Sie das Beethovenhaus besuchen?

Melua: Wenn ich Zeit habe, würde ich das wirklich tun. Wir haben gerade einen zehnten Geburtstag zu feiern, so lange mache ich schon Musik – also wird es ein „Best of“-Konzert. Ich hoffe, die Leute werden einen tollen Abend haben.