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Ein ausverkauftes Haus, eine Setlist voller Klassiker und ein Deep-Purple-Drummer in Höchstform: Purpendicular feat. Ian Paice lieferten in der Harmonie Bonn ein mitreißendes Rock-Spektakel. Warum dieses Konzert selbst eingefleischte Fans überraschte, erfahrt ihr hier!
Von Dylan C. Akalin
Wann hat man schon mal die Gelegenheit, eine Rocklegende in Clubatmosphäre zu erleben? Der Bonner Konzertveranstalter Ernst-Ludwig Hartz hat es mal wieder möglich gemacht: Zum dritten Mal sind Purpendicular feat. Ian Paice zu Gast in der Harmonie Bonn. Wieder komplett ausverkauft. Der Ire Robby Thomas Walsh ist immer noch die Stimme der Band. Ansonsten besteht die Band mittlerweile aus den Briten Nick Fyffe am Bass und Murray Gould an der Gitarre sowie dem Italiener Alessandro Debiaggi an den Keyboards. Und der gut anderthalbstündige Auftritt rund um den Deep Purple-Drummer war sensationell, aus meiner Sicht vielleicht sogar das beste Konzert – tolle Setlist, auf der auch Nummern von Whitesnake zu finden waren, und hervorragend aufspielende Musiker.
Purpendicular ist keine Tribute-Band
Purpendicular als Tribute-Band abzutun wäre sicher nicht richtig. Die international besetzte Formation hat sich zwar der Musik von Deep Purple verschrieben, aber die Setlist erweitert sich von Mal zu Mal. Beim ersten Auftritt im November 2019 standen nur Purple-Songs auf der Setlist, vor zwei Jahren hatten sich zwei Whitesnake-Nummern eingeschlichen, und diesmal sind es noch mehr, zumal es mit „Pictured Within“ noch eine Jon Lord-Hommage gibt.
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Schon der Opener „Burn“ setzt ein gewaltiges Statement: Rasante Orgel-Läufe, druckvolle Gitarrenriffs und die unverwechselbare Präzision von Ian Paice lassen keinen Zweifel daran, dass der Abend ein Rock-Spektakel werden würde. Walsh überzeugt mit kraftvollem Gesang und transportiert den Spirit der Klassiker mit eigener Note.
Und genau das hat mich diesmal noch mehr begeistert: Walsh setzt mit seiner eigenen rauen Klangfarbe und der breiten Bandbreite zwischen Kopf- und Bruststimme eigene Akzente. Debiaggi tut erst gar nicht, als wäre er ein Jon Lord II-Verschnitt und schafft es dennoch, fette Orgelsounds und luftige Läufe in die Songs zu bringen.
Was für ein Gitarrist: Murray Gould
Total angetan aber bin ich von Murray Gould, der erst seit Dezember dabei ist. Murray trat schon 2014 mit Nick Fyffe und Lan Paice bei der Jon Lord-Feiershow in der Royal Albert Hall auf und kann auf einen breiten Erfahrungsschatz zurückgreifen, weil er schon für so namhafte wie unterschiedliche Künstler gearbeitet hat wie eben jenen legendären Purple-Keyboarder Jon Lord, Elton John, Eric Clapton, Shirley Bassey, Joe Bonamassa, Gary Brooker, Rick Wakeman, Bruce Dickinson oder Glenn Hughes. Der Mann hat es gar nicht nötig, so klingen zu wollen wie Richie Blackmore oder Steve Morse. Und es sind genau diese Überraschungsmomente, sowohl von der Klangfarbe als auch seinen solistischen Einlagen, die dem Gig einen zusätzlichen Reiz verschafften.
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Während Blackmore für seine virtuosen, oft neoklassisch inspirierten Soli bekannt ist und Morse mit technischer Präzision glänzt, überzeugte Gould mit einer geschmackvollen Mischung aus Blues, Hard Rock und bisweilen Nuancen von Space- und Progrock. Sein Spiel ist direkter und schnörkelloser, was den Songs eine moderne Note verleiht, ohne ihre Wurzeln zu verleugnen. Was ist das für ein heller und breiter Sound bei „Bad Attitude“, das er mit einem fantasievollen Solo beendet?
Ian Paice – zu Recht einer der besten Rockdrummer
Ian Paice, wie gewohnt mit Sonnenbrille, tritt zunächst schweigsam hinter sein Schlagzeug, schaut während der Show mehr vor sich als ins Publikum. Er trägt ein rot-schwarz-kariertes Holzfällerhemd. Von der Empore aus habe ich einen hervorragenden Blick auf sein Spiel. Der 76-Jährige zählt zu Recht zu den besten Rockdrummern aller Zeiten, und das zeigte wieder sein Spiel.
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Paice‘ Spiel ist nach wie vor von einer unglaublichen Dynamik und Leichtigkeit geprägt. Seine fließenden Fills und sein präziser Swing sind einfach unfassbar. Wo so mancher Drummer eher athletisch auf Becken und Felle eindrischt, setzt Paice auf eine Schwerelosigkeit und Eleganz, die dennoch Akzente mit Harten Beats setzen können. Der Mann hat sich jedenfalls immer noch sein legendäres Timing und seine Vielseitigkeit bewahrt – ob in den harten Grooves von „Burn“ oder den lockeren Jam-Passagen von „Black Night“.
Seitenblick auf Whitesnake
Als er am Ende des Konzerts doch noch ans Mikro tritt, erklärt er, warum er sich neben den ja durchaus aufwendigen Aufnahmesessions und Tourneen mit Deep Purple immer noch mit solch kleinen Bands wie Perpendicular auf Tour begibt. „Wenn du 20 bist und mal eine Auszeit nimmst, ist das nicht so schlimm. Aber wenn du in mein Alter kommst, musst du immer aktiv sein, damit du in Form bleibst. Und solange ich kann und es mir Spaß macht, werde ich weiter Musik machen“, sagte er und erhielt großen Applaus.
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Mit der zweiter Nummer „Might Just Take Your Life“ wird das Tempo ein wenig gedrosselt, bevor mit „Walking in the Shadow of the Blues“ ein Seitenblick auf Whitesnake folgte – ein Song, der sich perfekt in die Setlist einfügte. Besonders beeindruckend war Nick Fyffe am Bass, der einst bei Jamiroquai spielte und hier mit tighten Grooves und viel Feeling glänzte. Murray spielt ein melodiebetontes, aber aggressives Solo.
„Perfect Strangers“, „Black Night“
Etwas düster wird es bei „No One’s Getting Out Alive“. Es ist ein eigener Song der Band Purpendicular, der auf ihrem Album „Human Mechanic“ (2022, Label Metalville) zu hören ist.
Bei „You Keep On Moving“ sorgt Alessandro Debiaggi mit atmosphärischen Keyboard-Klängen für Gänsehaut, und Walsh verblüfft mit Stimmevariationen. Dann folgen mit „Fool for Your Loving“
und „Ain’t No Love in the Heart of the City“, der ja ursprünglich von Bobby “Blue” Bland ist, zwei Whitesnake-Hits mit viel Publikumsbeteiligung. „Hush“ lässt die Herzen der alten Fans höherschlagen, die emotionale Interpretation von „Pictured Within“ von Jon Lords Soloalbum bietet eine willkommene Verschnaufpause im ansonsten energiegeladenen Set.
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Natürlich dürfen Hits wie „Perfect Strangers“ oder „Black Night“ nicht fehlen, letzterer inklusive augenzwinkernder Medley-Einlagen aus „Fever“, „Sweet Home Chicago“ und „Roadhouse Blues“. Hier beweist die Truppe einmal mehr ihre Spielfreude und Vielseitigkeit.
„Smoke on the Water“
Den krönenden Abschluss bildete „Smoke on the Water“ mit einem ungewöhnlichen Intro – ein Song, der auch nach Jahrzehnten nichts von seiner Wirkung verloren hat. Als Zugabe gibt es „Stormbringer“, das den Abend mit wuchtigen Riffs und energiegeladenem Gesang fulminant abrundet.
Mit hochkarätiger Besetzung, Spielfreude und spürbarer Leidenschaft für den klassischen Hard Rock bietet die Band eine mitreißende Performance. Wer sie in der Harmonie Bonn verpasst hat, sollte sich die nächste Gelegenheit nicht entgehen lassen.
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Setlist Purpendicular feat. Ian Paice in Bonn
Burn (Deep Purple)
Might Just Take Your Life (Deep Purple)
Walking in the Shadow of the Blues (Whitesnake)
Bad Attitude (Deep Purple)
No One’s Getting Out Alive
You Keep On Moving (Deep Purple)
Fool for Your Loving (Whitesnake)
Ain’t No Love in the Heart of the City (Bobby “Blue” Bland)
Hush (Joe South) (with drum solo)
Pictured Within (Jon Lord) (Piano except, Keyboard Solo)
Perfect Strangers (Deep Purple)
Black Night (Deep Purple) (snippets of „Fever“, „Sweet Home Chicago“, „Roadhouse Blues“, „The Hunter“)
Smoke on the Water (Deep Purple)
Encore:
Stormbringer (Deep Purple)
Weitere Bilder vom Auftritt Purpendicular feat. Ian Paice in Bonn
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