Von Dylan C. Akalin
Die britische Band Green Lung tut zwar so, als sei sie hervorgegangen aus den tiefen und mystischen Wäldern Englands, dabei kommt die Band aus der Metropole London. Sie ist aber schon eine Kultband, die den zeitgenössischen Doom Metal mit einem Hauch von Retro-Rock und okkulter Mystik vereint. Im Zentrum dieses musikalischen Hexenzirkels steht Frontmann Tom Templar, ein Mann, dessen Stimme und Präsenz ebenso mächtig sind wie die alten Götter, die er in seinen Texten beschwört.
Wir sind jedenfalls froh, dass wir die Jungs nochmal gehört haben, nachdem ihr Auftritt beim Rockpalast (im TV zwar gut), aber live akustisch eine Katastrophe war. Templar konnte man bisweilen überhaupt nicht hören, und auch der Rest der Band kam überhaupt nicht rüber. Ganz anders am Montag im FZW Dortmund. Was für ein Unterschied. Überhaupt: Vom FZW als Konzertlocation sind wir begeistert. Sagenhaft guter, sehr klarer Sound, schöne Halle, tolle Lichteffekte. Gut, dass die Lüftung am Ende den 1300 Fans keine Kühlung bringt, ist eben den deutschen Standards geschuldet. Da müssen so manche Clubs in Deutschland angesichts der langen Hitzeperioden mal nachrüsten.
Templar wird zum Priester der Dunkelheit
Die Reise von Green Lung beginnt auch akustisch wie ein finsteres Märchen in einem alten Grimoire. Der schleppende Rhythmus des Openers unterstreicht die geheimnisvolle Aura der Band. Das Stück „The Forest Church“ ist ein atmosphärischer Einstieg in die tiefen Wälder, in denen Green Lung ihre Inspiration findet. Die Hymne beginnt mit einem schamanischen Gesang, der den Hörer in die uralten Bäume und geheimen Lichtungen führt. Hier wird die Natur selbst zur Kathedrale, und Templar wird zum Priester der Dunkelheit, der uns in eine Welt führt, in der jeder Baum ein Geheimnis und jede Lichtung ein Heiligtum ist.
Mit ihrer ersten EP „Free the Witch“ aus dem Jahr 2018 und dem darauffolgenden Debütalbum „Woodland Rites“ etablierte die Band schnell ihren unverwechselbaren Sound, der schwere Gitarrenriffs, psychedelische Klänge und düstere, okkulte Texte vereint. Doch es ist die Weiterentwicklung der Band, die sie von ihren Mitstreitern abhebt.
„Old Gods“
In „Old Gods“ erhebt die Band ihre Stimmen, um die alten Götter zu ehren, die in den Schatten der modernen Welt weiterleben. Die schweren Riffs und donnernden Trommeln evozieren Bilder von heidnischen Ritualen und opulenten Feierlichkeiten, die längst vergangen sind, aber niemals vergessen wurden. Templar’s Gesang ist hier besonders eindrucksvoll, da er die Geschichte von Göttern erzählt, die vor langer Zeit verehrt wurden und jetzt in den Ritzen der modernen Zivilisation lauern, bereit, ihre Macht zurückzufordern. Aber was mich noch mehr weghaut, ist der fantastische Sound und die fetten Riffs, die Scott Black aus seiner schönen braunen SG zaubert. Keyboarder John Wright legt ihm ein schönes Fundament dazu, am Ende steht Black neben dem Keyboarder, und die beiden rasen unisono durch die Instrumentallinien. Irre.
„Maxine (Witch Queen)“
„Maxine (Witch Queen)“ ist eine Hommage an die mächtigen Frauenfiguren, die in vielen Kulturen als Hexen oder Seherinnen verehrt und gefürchtet wurden. Maxine, die Hexenkönigin, wird in diesem Stück zu einer symbolischen Figur der weiblichen Macht und Weisheit. Die Melodie ist hypnotisch und verführerisch, und Templar singt mit einer Intensität, die sowohl Ehrfurcht als auch Bewunderung ausdrückt. Die Musik ist eine Mischung aus düsteren, dröhnenden Gitarren und melodischen, fast beschwörenden Gesängen, die den Hörer in ihren Bann ziehen.
„Hunters In The Sky“
Mit „Hunters In The Sky“ nimmt die Band eine düstere Wendung. Dieses Stück ist eine epische Erzählung von uralten Wesen, die in den Wolken jagen und auf die Erde herabblicken. Die Musik ist kraftvoll und treibend, mit einem unaufhaltsamen Rhythmus, der das Gefühl von Jagd und Verfolgung perfekt einfängt, das vor allem das perfekte Zusammenspiel von Gitarre und Drummer Matt Wiseman betonen. Templar’s Gesang ist hier wie ein Ruf in die Wildnis, stark und unnachgiebig, während die Gitarrenriffs wie Blitze durch den Himmel schneiden.
„One For Sorrow“
Ein tiefer Ton, laut wie ein Schiffshorn, dunkel und furchteinflößend wie die Waldgeist startet „One For Sorrow“, das sich dann aber als melancholische Ballade über Verlust und Trauer herausstellt. Der Titel selbst bezieht sich auf den alten Volksglauben, dass eine einzelne Elster Unglück bringt. Die Musik ist sanfter, fast sehnsüchtig, und Templar’s Stimme trägt eine Verletzlichkeit, die tief berührt. Dieses Stück zeigt eine andere Seite von Green Lung, eine, die ebenso mächtig in ihrer Sanftheit ist wie in ihrer Wildheit. Black spielt hier nochmal ein Gitarrensolo zum Dahinschmelzen (nicht nur wegen der immer heftiger werdenden Hitze)!
„Let The Devil In“
Das finale Stück „Let The Devil In“ ist ein düsteres und verführerisches Meisterwerk. Hier spielt die Band mit dem Bild des Teufels als Verführer und Befreier. Die Musik ist intensiv und provokativ, mit einem unheilvollen Unterton, der durch die kraftvollen Gitarren und den hypnotischen Gesang verstärkt wird. Templar fordert den Hörer auf, sich seinen dunkelsten Impulsen hinzugeben und die verborgenen Teile seiner Seele zu erkunden. Ein toller Einstieg in den Konzertabend mit Opeth.
Green Lung, Setlist Dortmund
The Forest Church
Old Gods
Maxine (Witch Queen)
Hunters In The Sky
One For Sorrow
Let The Devil In