Daniel Lanois blickt zurück in sein Innerstes: ein zartes Soloalbum – „Player, Piano“

Daniel Lanois FOTO Laura Cole

Als einer der gefeiertsten und einflussreichsten Produzenten der Pop- und Rockszene hat er ikonischen Alben seinen Stempel aufgedrückt – von Bob Dylan und Neil Young bis hin zu U2 und Peter Gabriel. Als produktiver und von der Kritik gefeierter Songwriter hat er Scores für Oscar-prämierte Filme und Blockbuster-Videospiele komponiert und mehr als ein Dutzend genreübergreifende Solo-Alben veröffentlicht. Der Rolling Stone erklärte, dass seine „unverwechselbaren Fingerabdrücke überall in einem ganzen Flügel der Rock and Roll Hall of Fame“ zu finden seien (man denke an „The Joshua Tree“, „Wrecking Ball“, „Time Out Of Mind“), während NPR ihn als den Autor seines eigenen „brillanten Albums“ lobte Alben mit herzlichen Liedern.“ Jetzt hat Daniel Lanois wieder ein Soloalbum herausgebracht – „Player, Piano“. Es erscheint am 21. Oktober 2022.

Von Dylan C. Akalin

Wer von Daniel Lanois kantige Gitarrenmusik oder Singer/Songwriter-Stücke aus seinem kalifornischen Studio erwartet, wird überrascht, mancher vielleicht sogar enttäuscht sein. Denn in „Player, Piano“ ist tatsächlich das drin, was draufsteht. Auf dem Cover sieht man das verschwommene Schwarz-Weiß-Foto eines kleinen Jungen, der stolz auf der Motorhaube eines alten Buick sitzt. Man darf also durchaus annehmen, dass sich Lanois bei seinen 13 Tracks von seinen Erinnerungen verleiten ließ.

Hier ist keiner, der großartige Pianisten-Skills demonstriert. Darum geht es Lanois sicherlich auch nicht. Es ist die Ausdruckskraft des Instruments, mit dem Lanois Stimmungen erzeugt. Es geht nicht mal um die Suche nach melodischen Erkenntnissen. Es gibt Momente, da blitzen Assoziationen auf, die Parts könnten die Grundlage für einen Song von Neil Young bilden. Manifeste Aussagen sind seine Sache diesmal indes nicht. Vielmehr sind die Stücke, die vielleicht in der Tradition von klassischen Miniaturen oder einsätzigen Sonaten stehen, Erkundungen von Sounds und intime Seelenreisen. Lanois’ klassische Neigungen werden am deutlichsten auf dem zeitlosen „Eau“, das eine funkelnde blumige Melodie aufweist, die sich über emporlodernden Synthesizern und Percussion entfaltet. Die benutzten Pianos klingen durch technische, aber zum Teil auch durch einfache Tricks wie mit Handtüchern gedämpften Saiten wie Aufnahmen aus frühen Dekaden.

Musikalische Philosophie

Diese fast puristische instrumentale Klavierarbeit scheint Welten entfernt von der eleganten Produktion anderer Alben und Künstler zu sein. Bei genauer Betrachtung aber steht dieses Album indes für das Grundgerüst seiner musikalischen Philosophie, Arrangements, thematische Ideen und instrumentale Stimmungen zu betonen. „Player, Piano“ ist eine Sammlung von Instrumental-Tracks, die sowohl experimentell als auch meditativ einen sehr persönlichen Soundtrack erzeugen. „My All“ etwa ist eine einfache, aber anmutige Elegie, die er für seinen Bruder Bob schrieb, der im vergangenen Jahr starb. Der spärliche, ätherische Sound wird auf Songs wie „Zsa Zsa“, „Lighthouse“ oder „Sweet Imagination“ fortgesetzt.

Andere Tracks wie „Twilight“ haben ein dunkleres Ambient-Feeling und schaffen Klanglandschaften, die gut in einem Film genutzt werden könnten. „Puebla“ und „Cascade“ schaffen viel Raum für eigene Emotionen. Der abschließende Track „Sunday Asylum“ steht sozusagen wie ein Schlusswort für das Lanois-Konzept für das gesamte Album und baut sich zu einem unerwarteten und bewegenden Ende auf.