Ein richtiges Juwel: Kurt Vile und sein Album ‘(watch my moves)’

Kurt Vile FOTO: Adam Wallacavage

Der Opener auf dem neuen Album von Kurt Vile beginnt mit „Goin on a Plane Today“, ziemlich reduziert arrangiert erinnert es an Kinderlieder. Inhaltlich erzählt der Mann aus Philadelphia indes, dass er auf einem Flughafen irgendwo in Nordamerika ist und über die Aussichten seiner eigenen Sterblichkeit und ein kühles Bier grübelt, als ihn eine Erleuchtung trifft: “Listenin’ to ‘Heart of Gold’/Gonna open up for Neil Young,” („Höre ‚Heart of Gold‘/ Ich werde mich Neil Young öffnen,“). Das Ganze erzählt er über eine einfache Klavierfigur und kommt zum Schluss: „Mann, das Leben kann sicher Spaß machen.“

Von Dylan Cem Akalin

Der LoFi-Eindruck zieht sich durchs ganze Album ‘(watch my moves)’ von Kurt Vile. Mit der blechernen Gitarre und dem lässigen Gesang erinnert „Flyin (like a fast train)“ an Giant Sand, ein Lied über einen berauschten Tagtraum, in dem wir zudem erfahren, dass er bisweilen in Unterwäsche in seinem Musikzimmer sitzt.

Watch My Moves ist die neunte Solo-LP des 42-jährigen ehemaligen Frontmanns von The War on Drugs und die erste für Verve Records. Der Folkrocker bewegt sich immer mehr zu einem Meister des minimalistischen Folkrock, seine Lieder haben etwas Meditatives an sich, es sind sehr persönliche Auseinandersetzungen mit dem inneren Ich und man sieht Vile förmlich auf seiner Farm sitzen und fasziniert dem Wind lauschen und dabei zuzuschauen, wie sich die Zeit um ihn verändert. „Meine Lieblingsbeschäftigung ist es heutzutage, morgens nach dem Frühstück am Fenster zu sitzen, Kaffee zu trinken, zu lesen und Sun Ra zu hören, während die Sonne durch die Bäume des Waldes scheint“, erzählt Vile. „In diesem Moment ist das alles, was ich je brauchen werde, um zu reisen. Diese Platte verkörpert all das – zwei Jahre verstreichen zu lassen und in meiner Zone zu bleiben, die ganze Zeit zu reisen, in meinem Kopf, am Klavier oder auf meiner Gitarre.“

„Like Exploding Stones“

Und auf seinem neuen Album nimmt er seine Fans auch mit in die Entstehungsgeschichte dieses Werks. Er erzählt vom Druck, den er sich macht, vom Schmerz in seinem Kopf, die sich wie explodierende Steine anfühlen, wie Gedanken in seinem Schädel wie „Flipperautomaten-Wahnsinn“ kreisen und den Träumen „von einer Zeit, in der sich alles reimte“.

„Like Exploding Stones“ erinnert mit seinem Wortspiel und der anarchischen Grundhaltung an „Wakin on a Pretty Daze“ (2013). Jesus sieht ziemlich müde aus und spricht mit Vile am Telefon über einen Nervenzusammenbruch, erzählt er auf „Jesus on a Wire“, ein Song zwischen Bob Dylan und Greatful Dead, „Cool Water“ wiederum hat eine Menge von Neil Young, „Wages of Sin“ von Bruce Springsteen. Bei all den klaren Inspirationsquellen, klingt doch überall die eigene Identität heraus. „Es geht um Songwriting. Es geht um Texte. Es geht darum, Herr über alle Bereiche der Musik zu sein“, erklärt der Psych-Pop-Master. Das neue Album ist einfach ein wunderschönes kleines Juwel, das sich unter einer Schlichtheit verbirgt, ein Album zum immer und immer wieder anhören und dabei die Zeit um sich zu vergessen.

Neben Rob Schnapf, The Violators und Chastity Belt arbeitete Vile für „(watch my moves)“ mit Kollegen wie Avant-Pop-Künstlerin Cate Le Bon, Schlagzeugerinnen Stella Mozgawa (Warpaint, Courtney Barnett), Sarah Jones (Hot Chip, Harry Styles) und James Stewart vom Sun Ra Arkestra zusammen.

KURT VILE LIVE:

12.09.22 – Köln, Gloria Theater

15.09.22 – Berlin, Huxleys

Kurt Vile FOTO: Adam Wallacavage