Ein absolutes Muss für Fans: „Another Side of John Coltrane“

Der Titel lautet „Another Side…“, also eine andere Seite von John Coltrane, und ist ein wenig irreführend. Das hier gesammelte Material ist nicht neu – aber so gut klangen die Stücke wohl noch nie. Einige der Songs werden Coltrane-Fans auf eher kratzigen Übertragungen auf CDs kennen. Hioer ist die Musik so aufgeräumt und wird mit tadellos intakter Seele präsentiert. Das ist einfach toll.

Von Dylan Cem Akalin

Neben den Aufnahmen als Klangquelle gibt es aber noch ein paar interessante Punkteauf „Another Side of John Coltrane“ zu entdecken: Da reihen sich zum Beispiel vier Songs aus der Session Juli 1957 mit Thelonious Monk in chronologischer Reihenfolge, und man sieht deutlich den rasanten Fortschritt Coltranes als Spieler, bis die „Sheets of Sound“ vollendet sind.

Die beiden Songs aus den Leader-Sessions von Art Taylor und Tadd Dameron sind selbst für eine beträchtliche Anzahl von Fans auf Vinyl schwer zu erwerben. Prestige- und Riverside-Sessions stehen im Mittelpunkt, aber am Ende kommt „Someday My Prince Will Come“ mit Miles aus der CBS-Ära hinzu, und man kann den kontrastierenden Unterschied genießen.

John Coltranes spirituelle Suche nach dem einen Sound und dem einen Ausdruck nahm ja die zweite Hälfte seiner Aufnahmekarriere ein. Doch davor war er lange Zeit Sideman – und ein wichtiger dazu. Mit seinem Sound hat er Miles Davis und Art Taylor und Thelonious Monk und Red Garland und Sonny Rollins seinen sanften Ton und den besonderen Charakter verpasst.

Das Album startet mit „Tenor Madness“, ein hörenswerter Wettbewerb der Tenorsaxofonisten Sonny Rollins und Coltrane in gutmütigem Gedränge. Sie rasen nur so durch die Schluchten ihrer Soundfantasien. Einfach wunderbar. Ein Sound, der fast ein wenig melancholisch macht, weil man sich dieser Hingabe zu sehnt.

Die Miles-Phase besteht aus Balladen („Round Midnight“) zu schönem Bop („Oleo“) und dem schwindelerregenden „Airegin“. Tadd Damerons wunderschönes „Soultrane“ ist ein Vehikel für Coltranes herrlich abgerundeten und vollen Tenor. Sein Spiel zu Thelonious „Monk’s Mood“ ist einfach meisterhaft. Bei Monks „Epistrophy“, einem Alternative-Track, hört man das Glühen von Coltranes Seele.

Dieses Doppelalbum ist mehr als ein Best of, es ist ein absolutes Muss für Fans von John Coltrane. Es ist vollgepackt mit einigen seiner besten Aufnahmen, die er je als Sideman und Kollaborateur zusammen mit Jazz-Größen wie Miles Davis, Thelonious Monk, Sonny Rollins und Art Taylor aufgenommen hat. Übrigens: Die spezielle Vinyl-Edition enthält zwei Tracks, die nicht auf der CD enthalten sind – „Nutty“, die auf dem Thelonious Monk with John Coltrane-Album war, und „Birks‘ Works“ vom Red Garland Quintet-Album Soul Junction mit Donald Byrd. Also: Ein Muss auf jeden Fall.