Der legendäre Jazzpianist Chick Corea ist im Alter von 79 Jahren gestorben: Stimmen von Weggefährten

Chick Corea 2016 in Bonn FOTO: Horst Müller

Der legendäre Jazzpianist und Komponist Chick Corea ist am 9. Februar im Alter von 79 Jahren an einer seltenen Form von Krebs, die erst kürzlich entdeckt wurde, verstorben. Das gab die Familie am Abend auf ihrer webseite bekannt. „Während seines gesamten Lebens und seiner Karriere genoss Chick die Freiheit und den Spaß, etwas Neues zu erschaffen und eben das Spiel der Künstler zu spielen“, heißt es dort. „Er war ein geliebter Ehemann, Vater und Großvater und für so viele ein großartiger Mentor und Freund. Durch seine Arbeit und die Jahrzehnte, die er damit verbracht hat, die Welt zu bereisen, hat er das Leben von Millionen Menschen berührt und inspiriert.“

Bis vor kurzem konnte man den Meister regelmäßig am Klavier sehen, weil er während der Pandemie Einblicke in sein Übungsspiel gab.

„Obwohl er der erste war, der sagte, dass seine Musik mehr sagte als Worte jemals konnten, hat er dennoch diese Botschaft für alle, die er kannte und liebte, und für alle, die ihn liebten:

„Ich möchte allen auf meiner Reise danken, die dazu beigetragen haben, dass die Musikfeuer hell brannten. Ich hoffe, dass diejenigen, die eine Ahnung haben, zu spielen, zu schreiben, aufzutreten oder auf andere Weise, dies weiterhin tun. Wenn nicht für dich selbst, dann für den Rest von uns. Die Welt braucht nicht nur mehr Künstler, es macht auch viel Spaß. Und meinen großartigen Musikerfreunden, die für mich wie eine Familie waren, solange ich Euch kannte. Es war ein Segen und eine Ehre, von euch allen zu lernen und mit euch zu spielen. Meine Mission war es immer, die Freude am Kreativen zu verbreiten, wo immer ich konnte, und dies mit all den Künstlern zu tun, die ich so sehr bewundere – das war der Reichtum meines Lebens.“

Stimmen

Viele Musiker haben ihre Betroffenheit ausgedrückt: Sein langjähriger musikalischer Weggefährte Wayne Shorter sprach der Familie sein Beileid aus und veröffentlichte auf seiner Facebook-Seite eine Aufnahme von “Nefertiti” mit Chick Corea am Piano, Wallace Roney (Trompete), Gary Bartz (Alto Saxophone), Eddie Gomez (Bass) und Jack DeJohnette (Drums). Pianist Denilo Pérez zeigte ein Bild von sich, Corea und Herbie Hancock: „Ich bin sprachlos, schockiert und traurig über die Nachricht vom Tod von ‚Maestro‘ Chick Corea. Ich werde diesen Moment in meinem Leben für immer mit diesen beiden musikalischen Giganten schätzen. R.I.P Master Chick !!!“

Bassist John Patitucci schrieb: „Heute waren wir so schockiert und am Boden zerstört vom Verlust von @chickcorea. Es gibt nicht genug Worte, um meine Liebe, Dankbarkeit und Bewunderung für Chick und alles, was er mir, meiner Familie und der Welt gegeben hat, auszudrücken. Sein Genie wird weiterhin viele Generationen inspirieren. Ich werde nie seine Freundlichkeit, seinen Sinn für Humor, seine Großzügigkeit, seine Ermutigung und seinen Glauben an ein Kind aus Brooklyn vergessen, das nur in seiner Band Bass spielen wollte. Wir senden unsere Liebe an Gayle, Thad und Liana und meine Gebete sind bei ihnen.“

Bassist Marcus Miller, der mit Corea etliche Projekte umsetzte, schrieb: „Mann, wir haben Chick verloren. Chick Corea war für mich das höchste Maß an musikalischer Kreativität, Ehrlichkeit, Neugierde und künstlerischer Furchtlosigkeit, mit atemberaubender technischer Virtuosität.“ Mit ihm zu spielen sei „eine noch tiefere Erfahrung“ gewesen, so Miller. „Er war begeistert vom Teilen und Erkunden. Er konnte es kaum erwarten, auf der Bühne etwas Neues zu entdecken – genau dort vor Publikum. Wie Wayne, wie Herbie, wie MILES. Mit seiner Fusion aus Jazz, Rock, Latin, Klassik und jedem anderen Stil der 1970er Jahre, der seine Phantasie anregte, begeisterte Chick eine ganze Generation junger Hörer für Jazz. Er nahm unsere Hand und sagte: ‚Hier, komm durch diese Tür, du wirst es NICHT bereuen.‘ Und er veränderte unser Leben …“

Al Di Meola, der als blutjunger Gitarrist in Chick Coreas Band Return To Forever aufgenommen wurde, schrieb: „Return to Forever beizutreten, war für mich ein wahr gewordener Traum. Chick war mein Lieblingsmusiker und RTF war meine Lieblingsband, als ich 19 Jahre alt war. Es war eine bahnbrechende musikalische Reise ohne Unterbrechung. Zusammen mit Weather Report und dem Mahavishnu Orchestra standen wir an der Spitze einer neuen Sprache namens Jazz-Rock Fusion. Eine äußerst aufregende Zeit Mitte der 70er Jahre! Danke, lieber Chick, für das Erbe, das du der Welt gegeben hast und für das Vertrauen in mich und die Chance, mit dir zu spielen, mein Held! Ruhe in Frieden.“

Paquito D’Rivera zeigt ein Foto von sich mit Corea im Blue Note und schreibt dazu: „Mit tiefer Trauer nehme ich die Nachricht vom Tod unseres geliebten Chick Corea auf, dem Pianisten, Komponisten, Pädagogen und meiner Meinung nach des vielseitigsten, produktivsten, immer frischesten, originellsten und dynamischsten aller amerikanischen Musiker. Als echte Inspiration ist sein künstlerisches Erbe für Millionen von Kollegen auf der ganzen Welt von unschätzbarem Wert.“

Quincy Jones: „Mein Herz ist gebrochen und das berührt nicht einmal die Spitze des Eisbergs, wie sich dieser [Verlust] anfühlt … RIP mein lieber Waffenbruder Chick Core … Einer der größten Jazzpianisten und Menschen, die jemals auf dem Planeten gelebt haben. Und wie der wahre Be-Bopper, den Du im Herzen hattest, gab es absolut NICHTS, was Du musikalisch nicht umsetzen konntest. Ich vermisse dich schon sehr, mein Bruder … Ewig dankbar, dass unsere Reisen beruflich und persönlich verbunden waren. Die Jam-Session des Himmels wird heute Abend etwas schwieriger.“

Yusuf / Cat Steven: Gott segne Chick Corea, einen der innovativsten und inspiriertesten Musiker, mit denen ich jemals zusammenarbeiten durfte. Seine musikalische Kunst und sein Genie waren eine Ausbildung, nicht nur eine Aufführung. Er ist jetzt wirklich für immer zurückgekehrt, wo sich seine Seele und Musik lehnten. Möge Frieden seine ultimative Errungenschaft sein.

Return To Forever 2008 in Bonn: (v.l.) Lenny White, Chick Corea, Stanley Clarke, Konzertveranstalter Ernest Hartz und Al Di Meola. Foto: HARTZ

Der Bonner Konzertveranstalter Ernst Ludwig Hartz hat Corea als sehr freundlich in Erinnerung: „Ich habe in Bonn länger nach dem Soundcheck mit ihm gesprochen. Er gehörte zu den Künstlern, die keine Berührungsängste haben, er war keiner, der sich abgehoben gab, sondern sehr zugewandt mit dir redete. Und wenn das Publikum so begeistert war, gab es eine Zugabe extra.“ Hartz veranstaltete drei Konzerte mit ihm: In der Tonhalle Düssseldorf als Trio ohne Al Di Meola, im Duo mit Stanley Clarke auf dem KunstRasen und das Konzert mit Return To Forever auf dem Museumsplatz. „Das war eins der besten, die ich dort veranstaltet habe“, sagt Hartz. Diese Spielfreude, wie die sich die Bälle zugeworfen haben! Einfach toll.“

Chick Corea und sein Leben

Armando Anthony Corea kam am 12. Juni 1941 in Chelsea, Massachusetts, als Sohn eines Trompeters und Bassisten zur Welt. Er wuchs zwischen der Schallplattensammlung seines Vaters auf: Dizzy Gillespie, Sarah Vaughan, Charlie Parker sog er mit der Muttermilch auf. Mit vier Jahren begann er Klavier zu spielen, vom achten Lebensjahr an kam Schlagzeug hinzu. Der Bostoner Konzertpianist Salvatore Sullo unterrichtete ihn in klassischer Musik.

Nach der Schule ging Corea, gerademal 18 Jahre alt, nach New York und stand schon bald mit Größen wie Blue Mitchell auf der Bühne. Er stürzte sich mit Miles Davis in den Free Jazz, spielte Bebop und trat an der Seite seiner Kinderidole Vaughan, Gillespie und Roy Haynes auf.

Corea hat mehr als 100 Alben herausgebracht und wurde für 63 Grammys nominiert, gewann insgesamt 22 Trophäen. Viele seiner Kompositionen, darunter „Spain“, „La Fiesta“, „What Games Shall We Play Today“ und „Spanish Song“ gehören längst zum gängigen Jazz-Repertoire. In Deutschland ist Corea ständig zu Gast. Im Juli 2008 begeisterte er die Fans auf dem Bonner Museumsplatz, vor zwei Jahren mit Stanley Clarke auf dem Kunst!Rasen.

Ärger hatte Chick Corea in Deutschland übrigens auch schon: In den 1990er Jahren sorgte seine Zugehörigkeit zu der Scientology-Sekte für Aufsehen. Er wurde sogar mal von einem Jazzfest ausgeladen.