Crossroads eröffnet mit The Deaf und Fischer-Z

Von Dylan Cem Akalin

Klar, klang „Berlin“ in den frühen 1980ern anders. Irgendwie stählerner, auch punkiger, aggressiver. Dennoch: John Watts, der 61-jährige Kopf von Fischer-Z, ist ja keiner, der alten Zeiten nachtrauert, der sich selbst covert. Und so kommt auch „Berlin“ beim ersten Tag des Crossroads Festivals, das der WDR-Rockpalast in der Bonner Harmonie veranstaltet, nicht wie ein Relikt aus der Haarspray-Ära. Nicht so entfremdet, wie es Dylan schon mal tut, nicht gelangweilt vorgetragen, wie man es bei Lou Reed schon mal erlebt hat. Nein, John Watts ist ein authentischer Musiker, der im Jetzt lebt. Und Wucht hat das Stück immer noch.

Bei „Marliese“ singen und springen die Fans mit. Ein wirklich schönes Programm hat Watts da zusammengestellt. Von seinem aktuellen Album spielt er zwar nicht das Titelstück „This Is My Universe“ und leider auch nicht den wunderschönen Opener „Winston“, dafür gibt es „Just Like Justice“ und „Just-A-Man“, der fast auch von R.E.M. sein könnte. Auch „Is The Love“ gehört zur Setlist, mit dem eher zurückhaltenden „World-Go-Round“ eröffnet er das Konzert. Die neuen Stücke singt er in etwas tieferen Lagen, dass er es immer noch beherrscht, den klaren, unprätentiösen Gesang der frühen Jahre, beweist er mit dem Klassiker „Perfekt Day“ oder der Psychiatriekritik „Pretty Paracetamol“. Das Publikum war`s zufrieden.

Deutlich mehr Gas gab das holländische Quartett The Deaf mit Frans van Zoest (Gesang und Gitarre), Janneke Nijhuijs (Bass und Gesang), Maurizio Pinna (Orgel) und Kit Verdijk (Schlagzeug). Um es vorweg zu sagen: Die Truppe macht ordentlich Druck, schon mit ihrem Opener „Go Loose Yourself“, ein Stück, das wie Bob Dylan auf Ecstasy klingt. Überhaupt haben sich die vier Musiker aus Den Haag dem Rock der 1960er verschrieben, haben die Twist-Ära durch die Punk-Zeit gewirbelt und spielen mit den Attitüden des Soul und Blues.

Sie bezeichnen sich als Garage-Beat-Band, was wo

hl auf die Rohheit, die Ungeschliffenheit ihres Sounds und die Lust am kontrollierten Lärmen hinweisen soll. Im vergangenen Jahr überzeugten sie bei der Vorstellung ihres Albums schon im Kölner Blue Shell, diesmal kamen sie mir noch spielfreudiger und gelöster vor.

Zwei Dinge sind schade: Erstens, mein Lieblingsstück „Rides In, Rolls Out“, das ich den ganzen Tag im Auto höre, haben sie nicht gesungen. Zweitens: Janneke Nijhuijs ist eine so tolle Sängerin mit einem charmanten Raureif auf der Stimme, das ich mir von ihr eine etwas größere Rolle beim Gesang wünschte. Im Ganzen waren für mich The Deaf die nachhaltigere Band des Abends!