Meisterhaft: Yellowjackets werden ihrem Ruf als eine der besten Fusion-Bands gerecht

Yellowjackets FOTO: Dylan Cem Akalin

Mit dem Julia Hülsmann Oktett und den Yellowjackets erleben die Zuschauer am Sonntagabend in der Aula der Universität Bonn zwei Bands mit unterschiedlicher Auffassung, wie sich der Jazz mit anderen Spielarten der Musik verbinden lässt. Es ist der neunte Konzertabend des Jazzfest Bonn 2019.

Von Dylan Cem Akalin

Jazzfans kennen die Yellowjackets. Und die Grammy-gekrönte Band hat die Jazzgemeinde häufig gespalten. Ist das Fusion? Ist das Easy Listening? Völlig einig war sich das Jazzfest-Publikum am Sonntagabend: Die Yellowjackets sind großartig.

Es sind diese komplizierten, komplexen Kompositionen, die häufig durch ein Leitthema gestützt werden und unzählige Grenzen überschreiten, was es so schwer macht, diese Band in eine Schublade zu stecken. Das Prinzip: Die Musik muss grooven, und sie muss einem überlegten zeitgenössischen, abgerundeten Jazzkonzept genügen. Die Yellowjackets um das Gründungsmitglied Russell Ferrante (Piano, Synthesizer), Bob Mintzer (Tenorsaxofon, EWI), Drummer William Kennedy und das jüngste Mitglied, Bassist Dane Alderson (seit 2016 dabei), haben auch 40 Jahre nach ihrer Gründung ihre ursprüngliche Formel beibehalten. Das bewies das Quartett schon beim Opener „Spirit of the West“ – mit einem ätherischen Thema, das Bass und Saxofon unisono spielen. Die Frage war lediglich: Wird Bassist Alderson den einstigen sensationellen Jimmy Haslip ersetzen können?

Alderson erweitert das stilistische Spektrum

Yellowjackets FOTO: Dylan Cem Akalin

Die Yellowjackets wurden einst von den Musikern aus Robben Fords Band gegründet und begannen als Jazz-Fusion-Band. Sie haben diesen Kern definitiv noch, hauptsächlich durch Russell Ferrantes Keyboards, Mintzers EWI, aber auch das Schlagzeugspiel von William Kennedy, das Funk und Rockmetaphern in Mintzers Jazz-Drehpunkt bringt. Jimmy Haslip hatte noch etwas Soul in die Musik gebracht, und Alderson erweitert das stilistische Spektrum mit seinem filigranen und rhythmischen Spiel auf dem sechssaitigen E-Bass tatsächlich noch weiter.

Bob Mintzer FOTO: Walter Schnabel/JFB

Mit seinem EWI, einer Art Saxofon-Synthesizer, bringt Mintzer, der als Chef der WDR Big Band schon am Samstagabend wunderbare solistische Einsätze hatte, richtige Fusionstimmung in die Werke, so wie auf „Inevitable Outcome“.  Aber genau das sind die Yellowjackets. Der Sound klingt live mehr nach Steeldrums, weniger nach Synthesizer. Aber wie bei fast allen Stücken dreht sich alles um den  Gesamteindruck, den der Einfallsreichtum eingängiger, komplexer Melodien, die harmonischen Linien, die sich sanft überlagern, sowie ein unvergessliches Gefühl von Nostalgie hinterlassen.

Meister des Spannungsbogens

Yellowjackets FOTO: Dylan Cem Akalin

Russell Ferrante spielt erst beim dritten Song „Tenacity“ sein erstes längeres Solo. Er ist für mich ein Meister des Spannungsbogens, beginnt häufig erst vage und unbestimmt, um sich aber immer mehr hineinzusteigern in einen Strom von Einfällen. Es ist auch die zarte Liebkosung des Klaviers, was seinen Stil ausmacht, die Suche nach eindringlichen, schwebenden Melodien, die seltsam überlagert werden von einer Studie stiller Sehnsucht und konfliktreicher Spannung. So auch bei „Be Yourself“, wo man den Eindruck hat, Ferrante habe sich in letzter Zeit stark mit Mozart auseinandergesetzt.

Die Truppe schafft es mit ihrem ansprechenden Jazz-Funk-Hybriden immer wieder raffinierte Kompositionen zu schaffen, die Platz für bemerkenswerte Improvisationen lassen. Der Sound von Yellowjackets hat sich tatsächlich weiterentwickelt, was zum Teil auf die zahlreichen Besetzungsänderungen im Laufe der Jahre zurückzuführen ist. Spätestens mit dem australischen Bassgitarren-Virtuosen Dane Alderson als Nachfolger des Kurzzeitmitglied Felix Pastorius. Alderson liefert vielleicht genau den Sound, der vielen Fusionfans gefehlt hat, die gitarrenartige Melodieführung.

Schäumende Exkursionen

Yellowjackets FOTO: Dylan Cem Akalin

Was geblieben ist: Saxophonist Bob Mintzer bietet schnell wirbelnde Tenorlinien und die druckvollen Keyboards, die an Weather Report erinnern, wobei Ferrante sie an diesem Abend sehr selten einsetzt.

Fusion ist in Jazzkreisen ja immer irgendwie ein ungeliebtes Stiefkind geblieben. Aber Fusion ist ja in den späten 1960er Jahren als unerschrockene Mischung aus Jazz, Rock und Soul entstanden, und hat eine Menge an großartiger Musik hervorgebracht. Die Yellowjackets nehmen da einen merkwürdigen Platz in dieser Linie ein. Die Gruppe wurde zunächst um den Kern des Gitarristen Robben Ford herum aufgebaut und hat dann eine gitarrenlose Fusion perfektioniert, die Gospel-, Funk-, Rhythmus- und Blues-Infusionen eher als eine Art Steroide-Spritze nutzte. Der neue Bassist lässt seinen sechssaitigen E-Bass rund und fleischig klingen, kann aber auch leicht, transparent und flink spielen. Seine Soli sind gitarrenartige, schäumende Exkursionen.

Wunderbar anders

Yellowjackets FOTO: Dylan Cem Akalin

Wunderbar anders: „Freda“ mit Bob am EWI – ein Song wie ein Soundtrack von Pat Metheny und „Even Song“ mit einem gestusreichen Klavier, als käm’s von Lyle Mays. Fulminant „Why Is It?“.

„Revelation“, das Standard-Zugabe-Stück, datiert von einem Robben Ford-Album aus den 1970er-Jahren, bevor die Yellowjackets offiziell eine Band waren. Das Stück ist eine der populärsten Nummern der Band und wurde schon von vielen anderen neu interpretiert. Tolles Ende! Standing Ovantions.

Yellowjackets FOTO: Dylan Cem Akalin
Yellowjackets FOTO: Walter Schnabel/JFB