Eine Stimmung wie in einem fast leeren Ballroom. Irgendwann nachts oder bei einem Nachmittagstanztee in Brooklyn. Nur ein paar wenige Paare drehen schleifend ihre Tanzschritte. Die Band begleitet sparsam den Sänger, der alte Sinatra-Hits neu interpretiert. Ganz ohne Epos, von Großspurigkeit keine Spur, die Songs sind auf ihre Kernschönheit reduziert. Mit „Fallen Angels“ veröffentlicht Bob Dylan ein Album mit zwölf klassischen, amerikanischen Songs, die von einigen der legendärsten und einflussreichsten Songwritern der Musikgeschichte stammen. Es ist der Follow-Up zum letztjährigen Album „Shadows In The Night“, das in siebzehn Ländern die Top Ten erreichte, darunter Deutschland (Platz sechs), USA (Platz sieben) und Großbritannien (Platz eins).
Der von Jack Frost produzierte Longplayer ist das 37. Studioalbum in Dylans Karriere. Für „Fallen Angels“ wählte Dylan u.a. Lieder von Johnny Mercer, Harold Arlen, Sammy Cahn und Carolyn Leigh, darunter Evergreens wie „It Had To Be You” und „Young At Heart”. Die Aufnahmen fanden 2015 zusammen mit seiner Tourband in den Capitol Studios in Hollywood statt.
„Maybe You’ll Be There“ hat diese wunderschöne, ruhige nocturne Stimmung. Bei aller harmonischen Beschaulichkeit, tänzelt jedes Stück. Es sind Songs eines einsamen Verliebten, der seine Hingabe nicht hinaus brüllen muss. Das gilt etwa für den wunderschönen Song „Polka Dots And Moonbeams“, eigentlich ja schon ein Jazzstandard, den Charles Mingus ebenso wie Chet Baker im Repertoire hatten, aber auch für „All The Way“: „When somebody needs you/It’s no good unless he needs you all the way.“
Das neue Bob Dylan-Album ist nichts für Leute, die rastlos sind, die sich nicht die Zeit zum Genießen nehmen. Dieses Album entfaltet seine Schönheit in der Ruhe, und Dylan zelebriert diese feinen Texte mit der Nonchalance eines Herrn von Welt, der Sätze wie „Maybe I’ll live a life of regret“ („Nevewrtheless“) oder „Sad as a gypsty serenading the moon“ („Skylark“) so glaubhaft singen kann, wie kaum ein anderer. Das Album kommt mir vor wie die sentimentalen Erinnerungen eines weitgereisten Mannes, ein romantischer Rückblick auf das musikalische Amerika des vergangenen Jahrhunderts, eine berührende Hommage an die Leidenschaft, an gute, unsterbliche Musik. Einfach wunderschön! (Cem Akalin)