Volle Punktzahl für Buddy Guy „The Blues Is Alive And Well“

Der Mann ist 82? Nicht zu fassen! Sein neues Album „The Blues Is Alive And Well“ klingt frisch, jung, fast rastlos. Gut der Text des Openers „A Few Good Years“ lässt schon erahnen, dass da ein reifer, älterer Herr zu uns spricht. Doch musikalisch und vor allem an der Gitarre hat sich Buddy Guy sein Feuer bewahrt.  60 Jahre nach seiner ersten Platte beweist Buddy Guy uns noch mal. Der Blues lebt, und es geht ihm verdammt gut!

Von Dylan Cem Akalin

Buddy Guy gilt als eine der letzten echten traditionellen Blues-Legenden unserer Zeit. Er stammt aus einer Ära, die der Rock’n’Roll-Explosion der 1960er Jahre vorausging. Und er gehört zu jenen, die dem Rock das Laufen lehrten. Wenige sind übrig, die uns daran erinnern, warum sie eine so lange und glänzende Karriere genossen haben. Chuck Berry, Bo Diddley, John Lee Hooker, Etta James, Willie Dixon, Muddy Waters, Howlin‘ Wolf, Little Walter: Von seiner legendären Chess-Records-Familie lebt keiner mehr. Und auch die Dreifaltigkeit des Blues Albert King, B.B. King und Freddie King existiert nur noch in der Konserve.

Jeff Beck, Keith Richards und Mick Jagger

„The Blues Is Alive And Well“ ist eines dieser Alben, das uns daran besinnen lässt. Im Nachgang zu seinem 2015 erschienenen Album „Born To Play Guitar“ und seinem achtzehnten Solo-Studioalbum „The Blues Is Alive And Well“ ist er auf einigen Stücken eine Zusammenarbeit mit Jeff Beck, Keith Richards und Mick Jagger eingegangen und beschenkt uns nun mit einem Album, das sicherlich als eines der besten Blues-Platten des Jahres gelten wird.

„The Blues Is Alive And Well“ beginnt mit dem bedachtsam brennenden Stück, das eine hoffnungsvolle Melancholie ausströmt. „A Few Good Years“ ist nicht nur wegen Guys warmer Stimmqualität bemerkenswert, sondern auch für seine reich durchwebten Leadlines auf seiner Strat. Und schon beim ersten Song fällt auf, was für einen großartigen  Gitarrensound der alte Mann da hat. Buddy Guy hat es immer noch drauf, einen so langsamen Blues zu spielen, ohne dass er langweilig und beliebig wird.

James Bay übernimmt die Lead Vocals

„Guilty As Charged“ beweist, dass die Band hervorragend aufeinander eingespielt ist.  Der Titeltrack des Albums, ein spärlicher arrangierter Song mit akzentuierenden Bläsern und Orgeln, ist ein brillanter Track, der sich von der Blues-Struktur und dem traditionellen Stil entfernt, der tief in den Adern von Guy und seiner Arbeit spielt. „Whiskey For Sale“ zeichnet sich auch durch einen 70er-Jahre-Funk aus. Songs wie „Bad Day“, „When My Day Comes“ und „End Of The Line“ wiederum fesseln einen mit ihrer traditionellen und klassischen Bluesphilosophie, die zwar nicht aufregend ist, aber durch ihren gemächlichen, reichen Fluss fesseln, wie der Mississippi an einem schwülen Tag.

Es gibt drei Songs auf „The Blues Is Alive und Well“, auf denen Gastkünstler auftreten. James Bay fügt seine warme Stimmfarbe hinzu, wenn er die Lead Vocals übernimmt und Guy auf „Blue No More“ begleitet, während Mick Jagger dem Alten mit seiner unglaublichen Mundharmonika  unerwartet die Show stiehlt („You Did The Crime“. Der stärkste Track mit Gastmusikern ist jedoch „Cognac“ (ausgesprochen „Kowniäck“), auf dem Jeff Beck und Keith Richards Gitarre spielen. Der Song ist ein Meisterwerk, da die drei Gitarristen – unterscheidbar durch die Gitarrensounds, auf denen jede Legende ihre Karriere aufgebaut hat – Soli liefern und ineinander verschlungene Leadlines auf eine Art und Weise durchziehen, die so live rüberkommt, dass es einfach nur aufregend ist.