Jasper van‘t Hof schwitzt. „Das Wasser läuft mir durch die Hose“, sagt er und lacht. Im Kölner Stadtgarten sind es gefühlte 40 Grad, im Scheinwerferlicht auf der Bühne herrschen sicherlich Saunabedingungen – trotz des kleinen Ventilators auf der Ecke. Und dennoch: Die Truppe spielt mit einer Energie, die erstaunt. „Ich wäre ja zu Hause geblieben“, meint van’t Hof scherzend und ergänzt noch ein anerkennendes „Wahnsinn!“ Tatsächlich ist das letzte Konzert der wunderbaren Reihe „Next Level“ vor der Sommerpause am Sonntag wieder mal ausverkauft.
Von Dylan Cem Akalin
Die Kölner wissen eben, dass hier immer etwas Besonderes geboten wird. Schon seit 2013 läuft diese Reihe unter der künstlerischen Leitung des WDR Big Band-Saxophonisten Paul Heller. Jedesmal lädt er sich einen anderen Gast ein. Diesmal die niederländische Jazzpiano-Legende Jasper van’t Hof, der im Juni seinen 70. Geburtstag und gerade sein 50. Bühnenjubiläum feiert.
Jasper van’t Hof betritt die Bühne – schwarzes Hemd, graue Hose, rote Turnschuhe –, setzt sich an den Flügel und haut die ersten Akkorde mit einer Kraft in die Tasten, dass Bodek Janke sein eh schon recht kraftvolles Spiel am Schlagzeug fast noch ein wenig anziehen muss. „Dinner For Two“ ist nicht nur eine Verbeugung vor seinem langjährigen Freund Bob Malach. Mit dem amerikanischen Saxofonisten hat er ja so manche Aufnahme getätigt, so auch das Duo-Projekt „Dinner For Two“ im Jahr 1985. Das Stück hat einen rockigen Groove und das Quartett, zu dem auch der wunderbare Martin Gjakonovski (Bass) gehört, spielt es in einer Fusionversion, die stark an Yellowjackets oder Steps Ahead erinnert.
Für van’t Hof ist der Auftritt eine Erinnerung an die vielen Projekte, die er schon gemacht hat. Eine schöne Box mit vier CDs und einer liebevoll verfassten Biografie mit dem Titel „Jazz Because“ ist gerade raus, und er erzählt, was für eine Qual es für ihn gewesen sei, die Auswahl zu treffen. Der Produzent habe Aufnahmen aus 50 Jahren zusammengesucht und sie ihm vorgelegt. „Such was aus, was auf vier CDs passt, hat er mir gesagt. Mein Gott, manches davon willst du gar nicht mehr hören“, ruft er lachend. Es wird interessant sein, sich mal anzuhören, für was sich der Meister entschieden hat. Immerhin hat der Mann, der zu den führenden Jazzkünstlern Europas zählt gut 50 eigene Alben herausgebracht und sicherlich auf mehr als hundert mitgewirkt.
Für diesen Sonntag hat er als zweites Stück „Dry Four“ ausgewählt, ein Stück aus dem fantastischen Album „Brutto Tempo“, auf dem nicht nur Charlie Mariano seine Klasse ausspielt, sondern auch Steve Swallow am Bass. Er leitet das Stück mit einem ruhigen Intro ein, ein paar effektvolle Akkorde mit Links und einem dramatischen Auftritt des rechten Zeigefingers als Signal für Paul Hellers Solo. Mit was für einer Verve Heller da einsteigt und die Truppe immer weiter aufheizt! Das so sanft beginnende
Stück bekommt eine Dramatik, die Janke meisterhaft betont. Als ich mich nach dem Konzert mit Jasper van’t Hof unterhalte, äußert dieser sich anerkennend über die Band. Vor allem Martin Gjakonovskis Spiel hätte ihn geradezu umgehauen. „Das ist ungeheuerlich, wie diese Band sich in die Stücke eindenkt“, sagt er. „Und wie Martin auf mein Spiel eingeht…!“ Er habe ein paar Mal ausprobiert, wie sein Bassspiel mit dem Piano kommuniziert. „Ich wechsle plötzlich in eine leise Passage, und Martin setzt es sofort um. Wahnsinn!“
„Wahnsinn“ ist auch das Stück „Just In Case“, das einzige Stück des Abends, das nicht vom Gast ist, sondern von Paul Heller selbst. Ein frisches Thema, das das Saxofon vorstellt und dann mit ungeheurem Tempo abzieht – stets mit Bass und Drums an den Versen, während das Klavier van’t Hofs zunächst recht gelassen bleibt, dann aber kurz vor der Staffelübergabe des Solos Anlauf nimmt und im selben Tempo losrast. Und van’t Hof ist ja einer, der die ganze Bandbreite der Klaviatur in Anspruch nimmt. Er steht auf, damit er mit der Rechten auch bis in die tiefsten Register kommt, hastet weiter, spielt mit Metren, Varianten von Arpeggien und hat sichtlich Spaß am Ausprobieren.
„Funky Waltz“ von Alphonse Mouzon bekommt bei der Interpretation an diesem Sonntag einen ordentlich Soultritt verpasst, und Gjakonovski spielt ein sattes Bassthema, das doch eklatant an den Tempationsklassiker „Papa Was a Rollin‘ Stone“ erinnert. Jasper van’t Hof reizt das repetitive Spiel mit den Arpeggien aus, wie ein Metalgitarist in Höchstform. Ob er denn ein heimlicher Metalfan sei, frage ich ihn nach der Show. Jasper lacht. Nein, meint er zunächst, gesteht dann aber im Laufe des Gesprächs doch, dass er ein großer Fan des Metalbassisten Barend Courbois sei.
„Hat Eddie van Halen seine Tappingtechnik bei dir abgeschaut?“
„Nein, nein, das hat er schon selbst gemacht…!“
Zum zweiten Set hat sich van’t Hoff umgezogen. Das Hemd sollte aber nicht lange trocken bleiben. Nach einem glockenreinen Pianosolo, spielt die Band noch ein Stück, das an Bob Malach erinnert. „However“ startet mit einem enthusiastischen Thema, das gut zu einem Titelsong für eine TV-Serie in den 70er Jahren gepasst hätte, doch die Stimmung wechselt schnell vom leicht en Popeinfluss zu einem kammermusikalischen Mood, der immer rockiger wird. „New Bob“ ist sowas wie ein melancholischer Cha-Cha-Cha. Mit der schrägen, stark von afrikanischen Rhythmen getragenen Nummer „Zaire“ endet das Programm ziemlich fulminant. Zur Zugabe gibt es Charlie Marianos „Lazy Day“. Ein Hammerabschied in die Sommerpause.
Die nächsten Termine:
01.10.2017
Paul Heller invites Andy Haderer & Joe Gallardo
Andy Haderer – tp
Joe Gallardo – tb
Paul Heller – ts
Hubert Nuss – p
Thomas Stabenow – b
Bruno Castellucci – dr
05.11.2017
Paul Heller invites Michael Abene
Paul Heller – ts
Michael Abene – p
John Goldsby – b
John Engels – dr
10.12.2017
Paul Heller invites Greetje Kauffeld
„Celebration 60 years on stage“
Greetje Kauffeld – voc
Paul Heller – ts
Maarten van Grinten – guit
Jan Voogd – b