Ein grandioser Abend im Stollwerck Köln. Der Bonner Konzertveranstalter Jürgen Both präsentiert auf seinem Blues Alive Festival am Samstagabend Walter Trout, Layla Zoe und Danny Bryant.
Von Dylan Cem Akalin und Mike H. Claan
Ein Abend zwischen Tränen, Freude und Euphorie. Natürlich waren die Fans wegen Walter Trout zum Blues Alive Festival ins Kölner Stollwerck gekommen – und die Kennzeichen der Autos auf dem Parkplatz zeigten, dass viele weite Wege, teils sogar aus den Niederlanden, in Kauf genommen hatten. Denn damit, dass Trout wieder auf Tour gehen würde, hatte wohl keiner mehr gerechnet. Der heute 66-Jährige galt als unheilbar krank. 2013 brach er während einer Deutschlandtour zusammen. Leberversagen. Der Mann, der, wie er selbst zugab, 25 Jahre nur von Koks und Alkohol gelebt hatte, war am Ende. Im Mai 2015 konnte ihm eine Lebertransplantation das Leben retten – und das nur, weil seine Fans für die kostspielige OP in Nebraska Spenden gesammelt hatten. Jetzt will er ihnen für ihre Treue etwas zurückgeben – mit seiner Musik. Und so darf sein Konzert Samstagnacht als fulminant bezeichnet werden. Mehr ist kaum möglich.
Viele seiner Stücke an diesem Abend handeln somit auch von seiner „zweiten Chance“, vom Kampf gegen die Krankheit, die unbändigen Willen weiterleben zu wollen und von der Dankbarkeit. „Ich habe 60 Kilo abgenommen, lag acht Monate im Bett und konnte mich hinterher kaum noch bewegen, geschweige denn noch Gitarre spielen“, erzählt er. Als es ihm dann wieder besser ging, musste er mühsam wieder lernen, auf den geliebten sechs Saiten zu spielen. Ein Jahr lang habe er jeden Tag sechs Stunden geübt, berichtet er bevor er loslegt mit dem Song „Almost Gone“, das mit einem fingergepickten Intro beginnt: „Now I Get The Feeling / Something´s Going Wrong / Can´t Help But Feelin´ / I Won´t Last Too Long“.
Ein vollkommenes Stück Blues-Rock mit einer Gitarre, die die Widersprüche dieses Mannes so gut zu Ausdruck bringt: dieser Crunch, dieses Schreien im sonst so unglaublich weichen Sound seiner Strat. Insbesondere als später sein Sohn Jon und Danny Bryant auf die Bühne kommen, um mit dem Alten zu spielen, wird seine Klasse umso deutlicher, aber eben auch sein Sound. Sohn Jon, durchaus flink mit den Fingern dabei, liebt mehr den durchdringenden Klang des Bridge-Pickups, metallisch und peitschend, Bryant hat einen durchweg satten Klang, der die Tiefen betont. Doch Trout Senior fliegt mit seiner Gitarre doch allen davon. Seine Spiel scheint mitten aus seiner Seele in die Finger zu gleiten. Der Mann hat ein akkurates Spiel drauf, bei dem nicht geschlunzt wird, jede Note zählt, egal wie schnell sie gespielt wird. Das macht seine Soli auch so klar, wie bei einem Mann, der immer geradeaus sagt, was er denkt.
Und so ist auch „Almost Gone“ vielleicht eines der zentralen Stücke, weil Walter Trout mit einer Klarheit und Überzeugungskraft auf sein Leben zurückblickt und seine Fehltritte der Vergangenheit deutlich erkennt. Er wünscht sich, nochmal zurückgehen zu können um so manches ungeschehen zu machen, weil er weiß, dass er bald nicht mehr da sein wird.
Sein letztes Studioalbum „Battle Scars“ erzählt seine Geschichte von Verzweiflung und Angst, poetisch, bewegend und musikalisch mitunter explosiv, in Teilen durchaus lyrisch.
Und wenn er „Please Take Me Home“ ankündigt und davon erzählt, wie sehr er sich damals im Krankenhaus gewünscht habe, seine Frau möge ihn mitnehmen und ihn im Bett ganz fest halten, dann schwingt nichts Kitschiges durch. Der Song, sagt er, sei ein stiller Hilferuf und eine Liebeserklärung an seine Ehefrau. Eine wunderschöne Nummer, die heute sehr viel Countrylastiger daher kommt aber im langen Solo wieder mal ein melodisches Feuerwerk der Emotionen zelebriert.
Im ganzen Konzert schwingt diese Leidenschaft und Wertschätzung des Lebens mit. Er habe eine zweite Chance bekommen und sie mit beiden Händen gepackt, sagt er.
Der Mann, der mit Canned Heat gespielt und zu John Mayall’s Bluesbreakers gehörte, der bei der Blues-Legende John Lee Hooker und Joe Tex sein Handwerk lernte, ist einer, dessen Gitarrenspiel aus Feuer und Schwefel geschaffen wurde. Sein aktuelles Live-Album hatte er noch B.B. King gewidmet, dem „größten Bluesmusiker aller Zeiten“, der Abend in Köln stand im Zeichen John Mayalls, den er als „den größten Bluesgitarristen“ bezeichnete. Naja.
Dennoch: Nicht nur sein Gitarrenspiel war an diesem Abend von einem anderen Stern, auch seine kraftvolle, kiesige Stimme ist ja Bluesgetränkt. Auf jeden Fall ein ganz großartiges Konzert.
Großartiger Auftritt: Layla Zoe
Zuvor begeisterte Layla Zoe mit ihrem Auftritt. Der Opener „Backstage Queen“ mit dem schleppend-rockigen Rhythmus und dem eingängigen Gitarrenlick, den feinen, geigenden Gitarrenlinien von Gitarrist Jan Laacks und natürlich die raue Stimme Zoes zogen das Publikum gleich in ihren Bann.
Dem leicht psychedelisch angehauchten „Run Away“ folgt der melodisch, leichte Song „A Good Man“, bei dem Layla Zoe ihre Stimmbandbreite unter Beweis stellen konnte. Eindeutig Hendrix-gefärbte ist die Ballade „Sweet Angel“. Was die Musik dieser Frau mit den feurig-langen Haaren ao ausmacht, ist der selbstbewusste Mix der Musikgenres. „Workhorse“ hat was von Jamrock, „Pull Yourself Together“ könnte auch ein Deep-Purple-Werk sein, „Never met a man like you” hat den klassischen Blues als Grundlage. Zur Zugabe gab es mit „Highway of Tears“ eine wunderschöne Ballade, auf dem Jan auch seine Fähigkeiten als melodiöser Gitarrist zeigen konnte. Ein wunderbarer Roadmovie… (und eines meiner Lieblingstücke!)
Danny Bryant mit All Along The Watchtower
Danny Bryant, der zuletzt mit Bläsern auf Tour war und in der Harmonie begeistert hatte, konnte an diesem Abend erst spät an diese Klasse anschließen. Bisweilen gab er sich ziemlich hardrockig mit wuchtigen Gitarrenlicks. Doch am Schluss präsentierte er eine fantastische Version von Dylans/Hendrix‘ „All Along The Watchtower“.