Zwischen Chaos und Kontrolle: Für den Bonner Musiker Martin Behr dreht sich alles um sechs Saiten

Martin Behr (l.), hier mit Autor Cem Akalin FOTO: HA

Von Cem Akalin

Edle Hölzer hat der Gitarrenbauer für das einmalige Stück verwendet. Die Oberfläche mit der feinen Maserung von Ahorn und Mahagoni ist auf Hochglanz gebracht, das Palisander-Griffbrett schimmert. Das handgearbeitete Instrument, eine Ibanez Custom, ist der Traum eines jeden Rock-Gitarristen. Martin Behr hat ihn sich erfüllt, ungeachtet dessen, daß er noch acht weitere Gitarren besitzt. Aber sein Leben dreht sich nun mal um das Saiteninstrument. Für den 26-jährigen Beueler stand schon früh fest, daß er Berufsmusiker werden würde. Und eines Tages, hofft er, wird er nur noch von seinen Kompositionen und seinem Spiel leben können. In der Bonner Musikszene ist er als Gitarrist von Under Cover, die sich den Rockklassikern verschrieben haben, und von Baby’s In Black bekannt. Daneben bringt er sein Talent in Studioproduktionen ein und verfolgt sein eigenes Soloprojekt.

Offen für viele musikalische Stile

„Bei meinem Spiel versuche ich das Gleichgewicht zu halten zwischen Chaos, Intuition und Kontrolle“, sagt Behr. Und dabei baut er in sein rasantes wie melodiöses Fingerspiel auch allerhand musikalische Einflüsse ein. Die Eröffnung des Titelstücks seiner Solo-CD mit dem bezeichnenden Titel „Keeping the Balance“ beginnt mit einer türkisch anmutenden Sequenz, um dann in einen Lauf überzugehen, der an Bachsche Orgelkonzerte erinnert und dabei bleibt die Grundstimmung immer i m harten Rockbereich. Von seinen Reisen bringt er stets Bänder und CDs mit. Griechische Bouzouka-Musik, türkische Saz-Kompositionen, japanische und algerische Platten. „Mein Favorit ist zur Zeit eine chinesische Folkloreplatte“, schmunzelt Behr, der es sonst lieber hart und rockig liebt. Kein Wunder also, daß zu seinen musikalischen Vorbildern Nuno Bettencourt von Extreme und John Petrucci von Dream Theater gehören. „Ich kann aber nicht behaupten, daß ich mich von einem großen Vorbild leiten lasse, vielmehr inspirieren mich Stile und Instrumente. Ich liebe den luftigen Ton der Flöten, den weichen Klang der Geige. Nigel Kennedys Spiel von Vivaldis Vier Jahreszeiten etwa gehört für mich zu den musikalischen Highlights der vergangenen Jahre.“

Behr ist „vorbelastet“. Sein Vater war jahrelang Organist in Geislar, schickte den Jungen in die musikalische Früherziehung. Behr lernte Blockflöte, Glockenspiel und Akkordeon, bevor er mit 15 Jahren zur Gitarre kam. Gleich nach dem Abitur bewarb er sich für das renommierte Münchner Gitarren Institut (MGI), wo er den letzten Schliff in Komposition, Spieltechniken sowie in Gehör- und Stilschulung erhielt. Die Offenheit für die Vielfalt an musikalischen Stilen prägt Behrs Solo-CD. Sein Interesse, auch einmal technische Raffinessen auszuloten, ist der jüngsten CD der Bonner Rockband „Baby’s in Black“ zugute gekommen. Das Quintett um die Sängerin Christiane Anders und den Keyboarder Stefan Beier bietet auf „Between“ anspruchsvollen Rock mit allerhand hitverdächtigen Songs alles aus eigener Feder.

Martin Behr ist in nächster Zeit mit verschiedenen Bands live zu hören: mit Baby’s In Black am 25. April, 20 Uhr, in der Endenicher Harmonie; mit Under Cover am 27. April, 20 Uhr, beim Biker Treff des MC Pegasus am Fühlinger See in Köln und am 15. Mai in der Jazz Galerie.