Yes stellt in der Mainzer Phönixhalle ihren neuen Sänger Jon Davison vor

Steve Howe, der Gandalf der Gitarristen, kann immer noch zaubern. Die britische Progrock-Band Yes stellt in der Mainzer Phönixhalle ihren neuen Sänger Jon Davison vor, und Steve Howe brilliert.

Von Cem Akalin

Dinosaurier sind längst ausgestorben – auch viele musikalische. Einige leben noch. Es hat schon eine gewisse Symbolkraft, wenn die britische Progrock-Band Yes in Mainz ausgerechnet in einer Halle auftritt, die nach einem mythischen Vogel benannt ist, der in Flammen aufging, um aus der Asche wiedergeboren zu werden.

Unzählige Male wurden die Überväter dieser Musikgattung, die harmonische Grundlagen der Klassik und des Jazz mit der Rockmusik verschmolz, für tot erklärt, und sie tauchten immer wieder auf. Am Montagabend also mit den drei Urgesteinen Steve Howe (Gitarre), Chris Squire (Bass) und Alan White (Schlagzeug) sowie Aushilfskeyboarder Geoff Downes und dem neuen Sänger Jon Davison. Der 43-jährige US-Amerikaner bewältigt nicht nur scheinbar mühelos die komplexen Gesangsparts. Davison, der schon mit seiner Nebenband Glass Hammer auffiel, kommt dem Stil Jon Andersons sehr nahe. Streckenweise gefällt er sogar besser als das Original, setzt er doch häufig mehr auf kraftvollen Ausdruck als auf die effektvolle hohe Kopfstimme.

Eines haben der frühere Sänger und Davison wohl gemein: Davison wirkt, zumindest auf der Bühne, ähnlich spirituell entrückt, wenn er in seinem floralen Hemd immer wieder die Arme wie zur Anbetung erhebt und aussieht wie eine schmächtige, etwas verhuschte Version des von Viggo Mortensen im „Herrn der Ringe“ dargestellten Helden Aragorn. Überragend an diesem Abend: Howe, immer wieder die Gitarre wechselnd, ist ein faszinierender Virtuose, ein Soundkönig. Der 67-jährige sieht zwar mittlerweile aus wie Gandalf der Graue ohne Bart, zaubert aber mindestens so gut wie er – zumindest auf sechs Saiten.

Auf ihrer Tour führt Yes drei frühe Alben komplett auf: The Yes Album (1971), Close to the Edge (1972) und Going for the One (1977). Die Musiker beginnen mit dem 19-minütigen „Close to the Edge“: symphonisch, lyrisch, voller überraschender Wendungen. Auch wenn Stücke wie „Siberian Khatru“ oder das als Zugabe gespielte „Roundabout“ Kultstatus besitzen, so bleibt nach dem fast dreistündigen Konzert das schale Gefühl, eine geniale Coverband erlebt zu haben. Schade, dass sich Yes nur auf alte Kompositionen beschränkte. Ein paar Stücke aus dem angekündigten Album hätten sicher den Phönix in den Dinosauriern erwecken können.