Singer-Songwriter*innen-Abend im Bla? Nicht ganz. Sowohl Tigeryouth als auch Shitney Beers trotzen den Klischees und zeigen an diesem feuchtfröhlichen Samstagabend, dass Punk nicht immer laut sein muss.
Von Freda Ressel
Shitney Beers war bereits im Frühjahr als Support von Kaleb Stewart im Bla zu Gast, absolvierte jenen Auftritt schwer grippegebeutelt, aber machte schon im „geschwächten“ Zustand Eindruck. Heute dann mit voller Power: Statt Sitzperformance spielt sie im Stehen, statt der alten Akustikgitarre gibt es eine Stratocaster zu hören, und stimmlich ist sie, wenig verwunderlich, deutlich besser in Form.
Woran sich nicht geändert hat, sind die sympathische Schnoddrigkeit, die alkoholzentrierten Ansagen, der Sarkasmus – und die zarten, schönen Songs, die stimmlich immer wieder an die zerbrechliche Cat Power-Stücke erinnern und einen spannenden Kontrast zu ihrem sonstigen Auftreten bilden. Dionysos prostet sie mit dem einen oder anderen Pils zu und rülpst auch schon mal beherzt ins Mikrofon, auch ein unbegleitetes Gitarrensolo lässt sie sich nicht nehmen – muss man erstmal bringen können. Für den letzten Song holt sie sich Tilmann Benning alias Tigeryouth und den Gitarristen Nico Kansy mit auf die Bühne für ein Duett – ein schöner Abschluss.
Vor allem Songs aus „Schmuck“
Dann beginnt das Tigeryouth Set und am Bühnenrand folgt nun Wein auf Bier – dann kann es ja sprichwörtlich nur noch besser werden, oder? Benning ist mit einer leicht verlebt aussehenden Akustikgitarre bewaffnet und wirft sich von Anfang an leidenschaftlich in seine Songs. Er spielt heute vor allem Stücke aus seinem neuen Album „Schmuck“, aber auch ein paar ältere Songs verlaufen sich auf die Setlist.
Egal ob ruhig und textlastig oder Uptempo-Nummer, von der Körpersprache könnte man immer denken, Benning spielt ausschließlich harte Rocksongs mit Bandbegleitung. Mit einer Stimme, die sich – absolut wohlwollend gemeint! – am besten als Judith Holofernes mit Kehlkopfentzündung beschreiben lässt, singt er mal vorsichtig, mal brüllend Songs über das Verzweifeln an sich selbst, dem Leben und der Gesellschaft, aber immer auch mit einem Rest Hoffnung. Vor allem „Alle Gewässer“ bleibt hier textlich in Erinnerung und sei an dieser Stelle auch als Reinhörtipp mitgegeben.
Um die Performance musikalisch ein bisschen aufzulockern, kommt für ein paar Stücke am Ende nochmal Gitarrist Nico Kansy auf die Bühne, der mit der E-Gitarre schöne Klangwände erzeugt, die den Stücken gut tun.
Zwischen den Songs gibt sich Benning ehrlich und schreckt auch nicht davor zurück, sehr persönliche Erlebnisse zu teilen. Etwa, dass er bei seinem letzten Bonn-Konzert seine erste Panikattacke auf der Bühne hatte und dankbar sei, dieses Erlebnis nun mit erfreulicheren Erinnerungen ersetzen zu können. Das Publikum tut ihm gerne den Gefallen, lauscht (bis auf ein paar Unbelehrbare am Ende des Konzerts) mucksmäuschenstill den Songs und fordert am Ende begeistert Zugaben. Diese gibt er gern, unverstärkt vor der Bühne. Bei „Blumenbeete“ hört man respektvoll-leises Mitsingen in der Menge, der Applaus danach wird umso lauter.