Wir wollen Euch jeden Tag ein Adventstürchen öffnen, mit der Hoffnung, Euch die eine oder andere Eingebung zu geben, was ihr verschenken oder was ihr Euch selbst zum Geschenk machen könnt. Unter unseren Empfehlungen sind brandneue Veröffentlichungen, aber auch einige, die etwas zurückliegen, aber es wert sind, nochmal ins Gedächtnis geholt zu werden. Wir geben Tipps für Konzerte, Bücher, Platten – alles rund um Musik. Hinter unserem 21. Adventstürchen steckt:
Brian Newman
Showboat
VÖ: 30. November 2018
Label: Verve (Universal Music)
Von Dylan Cem Akalin
Das ist eine richtig schöne Jazz-Platte! Und die von Lady Gagas Bandleader Brian Newman? Da ist vielleicht nichts innovatives an dem Album, aber viel Spaß und Liebe zu „einer Ära, in der im wahrsten Sinne des Wortes alles groß war. Große Bands, große Autos und große Jackenaufschläge“, wie der Trompeter selbst sagt.
Darauf weist schon das wunderbare Cover hin. In der Steven King-Verfilmung war Christine ein 1958er Plymouth Fury. Keine Ahnung, ob Brian Newman an diesen Film dachte, als er seinem Schätzchen denselben Namen gab. Jedenfalls ziert sein Oldsmobile Ninety Eight, Baujahr 1971, den Umschlag seines Blue-Note-Debüts. Und das signalisiert schon optisch, dass hier ein Musiker ist, der die guten alten Zeiten schätzt.
Hommage an Trompetenlegenden
Showboat ist auch eine Hommage an Trompetenlegenden wie Satchmo, Dizzy Gillespie, Miles Davis, Freddie Hubbard, Arturo Sandoval oder Lee Morgan, alles Musiker, die Newman sicherlich geprägt haben. Aber sie zu imitieren, ist ebenso wenig sein Ding, wie den neuen Wegbereitern des Jazz wie Robert Glasper und Kamasi Washington nachzueifern. „Typen wie sie heben den Jazz auf ein neues Level, verweisen aber immer auch auf die Tradition. Man sollte dem Jazz keine Glashaube überstülpen“, sagt er.
Wie eine Fahrt über den
Pacific Coast Highway
Den Opener macht die einzige Eigenkomposition „San Pedro“, ein Stück, das richtig Spaß macht und abgeht wie eine ruhige Fahrt in einem Straßenkreuzer auf dem Pacific Coast Highway. Neben einigen Jazzstandards wie „Pennies From Heaven“, „You Don’t Know What Love Is“ und „Sundays in New York“ gibt es auch verjazzte Interpretationen von Thin Lizzys „Dancing In The Moonlight“, durchaus clever arrangiert, die durch Dusty Springfield bekannte Soul-Nummer „Spooky“ (mit herrlich lässigem Hammondorgel-Einsatz), Tom Waits‚ „Jockey Full Of Bourbon“ oder Becks „Tropicalia“ – eine Auswahl seiner Lieblingseinflüsse, wie Newman in einem Interview erklärt. Da sind wunderbare Versionen von Kenny Garretts „Brother Hubbard“ und „One By One“, eine Nummer, die Wayne Shorter 1963 für Art Blakey’s Jazz Messengers geschrieben hat. Newman lässt die Pop- und Rock-Songs mal wie soulig-bluesigen Jazz klingen, oder er präsentiert sie als Salsa-, Bossa Nova-Nummer oder einfach als hinreißende Jazzballade.
Fantastische Band
Einen großen Anteil an der hohen Qualität des Albums haben natürlich auch die Musiker seiner langjährigen Band – Steve Kortyka (Saxophone & Flöten), Alex Smith (Piano & Keyboards), Daniel Foose (Bass), Paul Francis und Joe Peri (Drums & Percussion).
Oh, und da ist diese umwerfende Version von „Don’t Let Me Be Misunderstood“ mit Lady Gaga, eine katzenhaft, verführerische Interpretation der Sängerin, von der man ja spätestens seit ihrer Kollaboration mit Tony Bennet weiß, was für eine großartige Jazzsängerin sie ist.
Lady Gaga ist schwindelerregend
Das zig-fach gecoverte Stück, von dem es ja unsterbliche Versionen von Nina Simone oder Lana Del Rey gibt, bringt die Lady so kraftvoll, so eindrucks- und wirkungsvoll, dass es einfach nur schwindelerregend ist. Schon allein wegen dieses Stücks lohnt sich der Kauf des ganzen Albums.
Newman ist nicht nur sowas wie der musikalische Direktor ihrer Band, sie sind langjährige und enge Freunde. Sie kennen sich noch aus Zeiten in New York, wo sie beide, völlig unbekannt, in der Nachtszene arbeitete.
Als 12-jähriger in Cleveland aufgewachsen, wusste Brian Newman schon früh, dass er nach New York City ziehen und Jazzmusiker werden wollte. 2003 verließ er die Schule am Cincinnati College-Conservatory of Music, um in die Stadt seiner Träume zu ziehen. Um überleben zu können, nahm er jeden Job an, der sich ihm bot – unter anderem auch ein Auftritt in der Bar Saint Jerome in der Lower East Side. Dort lernte er Stef kennen, die Frau, die später als Lady Gagga weltberühmt werden sollte.
Stef und Newman fanden schnell heraus, dass sie ähnliche Träume und einen ähnlichen starken Willen hatten, ihr Ziel im Auge zu behalten. Als Stef sich in den ikonischen Popstar verwandelte, nahm sie Newman mit auf ihre einzigartige Reise.