Wer mit Walter Trouts Werdegang und persönlichem Schicksal halbwegs vertraut ist, weiß: Der Blues- und Rockgitarrist hat im Zuge seiner mehr als ein halbes Jahrhundert währenden Karriere mehr erlebt und erreicht, aber auch wesentlich Schlimmeres verkraften müssen, als die meisten seiner Zunft. Der heute 69-jährige US-Amerikaner machte sich zunächst bei John Lee Hooker, Canned Heat und in der Band von John Mayall einen Namen, bevor er ab 1990 unter eigenem Namen mehr als zwanzig Platten veröffentlichte und seither unermüdlich tourte. Die für Trout bisher am schwersten wiegende Zäsur kam in Form einer unheilbaren Lebererkrankung, die er 2014 nur dank einer von Spenden finanzierten Organtransplantation überstand.
Buchstäblich wie neu geboren und auf der Höhe seiner Kunstfertigkeit als Instrumentalist wie auch als Songwriter präsentierten Walter Trout die anschließend erschienenen Alben „Battle Scars” (2015) und „We’re All in This Together” (2017). Zuletzt interpretierte er auf dem Longplayer „Survivor Blues” (2019) eine Reihe bis dato nur noch selten gehörter Genreklassiker unter anderem von Jimmy Dawkins, Sunnyland Slim, Otis Rush, Luther Johnson, J.B. Lenoir, Hound Dog Taylor und Mississippi Fred McDowell. „Survivor Blues” erreichte den Spitzenplatz der Billboard Blues Charts und wurde von der Zeitschrift Classic Rock zum besten Bluesalbum des Jahres gekürt. Anlässlich dessen hieß es dort: „Walter Trout hat nicht nur überlebt, er blüht jetzt förmlich auf!”.
Im Sommer dieses Jahres ist die Zeit für die Veröffentlichung weiteren Materials aus Trouts eigener Feder reif: Sein neues Album „Ordinary Madness” erscheint am 28. August 2020 auf CD, digital, sowie als Doppel-LP bei der Mascot Label Group. Eingespielt wurden die elf darauf enthaltenen Titel mit Produzent Eric Corne in Los Angeles, im Studio des früheren The-Doors-Gitarristen Robby Krieger. Die auf „Ordinary Madness” zu hörende Band setzt sich neben Walter Trout selbst aus Bassist Johnny Griparic, Teddy Andreadis an den Keyboards und Drummer Michael Leasure zusammen. Neben Trouts Sohn Jon wirken die US-Sängerin Teeny Tucker sowie Skip Edwards (Steel Guitar), Drake „Munkihaid” Shining (Keyboards) sowie Anthony Grisham (Gitarre) als Gastmusiker mit.
Bekanntlich stets für Überraschungen gut, schlägt Trout diesmal einen vergleichsweise weiten musikalischen Bogen über das von ihm gewohnte Bluesrock-Terrain hinaus. Dieser reicht von elektronischen Spielereien beim Intro zum Titeltrack, über Ambient-artige Gitarrensounds („Wanna Dance”) bis zu beinahe schon floydigen („Up Above My Sky”) und anderen psychedelisch anmutenden Klangmustern („The Sun Is Going Down”). Ab und an brechen sich nach Hardrock oder Metal anmutende Riffs ihre Bahn, wozu versöhnliche, stellenweise gar liebliche Töne wie beim Country-beeinflussten „My Foolish Pride” einen reizvollen Kontrast bilden.
In den Lyrics rekapituliert und reflektiert Trout seine den jeweiligen Umständen entsprechenden mentalen Befindlichkeiten während der jüngeren Vergangenheit, von zu Tode betrübt bis himmelhoch jauchzend: Ordinary Madness, den ganz normalen Wahnsinn. Dass unmittelbar nach Fertigstellen dieses Albums die Corona-Pandemie mit voller Wucht und verheerenden Folgen über die USA hereinbrach und damit auch größere Konzerte auf absehbare Zeit unmöglich gemacht hat, ist zwar Zufall – jedoch einer, der ins Bild passt. Aus alldem zieht Walter Trout seine ganz persönlichen Schlüsse. Diese lauten kurz zusammengefasst: „Lasst uns einfach immer auf das Licht am Ende des Tunnels hoffen.”
Tracklist
1. Ordinary Madness 2. Wanna Dance 3. My Foolish Pride 4. Heartland 5. All Out Of Tears 6. Final Curtain Call 7. Heaven In Your Eyes 8. The Sun Is Going Down 9. Make It Right 10. Up Above My Sky 11. OK Boomer |